Der Gasteig muss saniert - und in dieser Zeit ganz geschlossen - werden. Ab 2020 müssen seine „Institute” (u.a. Stadtbibliothek, Volkshochschule, Philharmonie) für vier bis fünf Jahre andernorts untergebracht werden. 35 Ausweichquartiere wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersucht - nur ein Areal ist als sinnvoll und ausreichend groß übriggeblieben: das Gelände der Stadtwerke (SWM) zwischen Hans-Preißinger-, Brudermühl- und Schäftlarnstraße. Fast alles, was aus dem Gasteig ausgelagert werden muss (95 %), könnte hier zusammen untergebracht werden. Für Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner ist das ein Glücksfall: „Es passt!”, fasste er in der letzten Sitzung des Bezirksausschusses Sendling zusammen: „Die intensive Suche hat sich gelohnt. Das Areal erfüllt ganz viele Kriterien. Es ist zentral gelegen und gut zu erreichen.”
Die Stadtwerke hatten ihr Gelände dem Gasteig angeboten, obwohl dort viele Gewerbetreibende und Künstler Werkstätten und Räume nutzen - in der Regel mit befristeten Mietverträgen. Allerdings ist seit langem klar, dass sie das Areal irgendwann verlassen müssen. Denn: Hier soll ein neues Wohnquartier entstehen. Diesem Vorhaben hatte der Bezirksausschuss Sendling schon vor zwei Jahren zugestimmt. Das Gremium fordert, auf dem Areal sozialen Wohnungsbau umzusetzen, von dem „Otto Normalmünchner” profitiert - und den Gewerbetreibenden Ausweichstandorte anzubieten. Um dem Gasteig die Übergangslösung für die Zeit der Sanierung zu ermöglichen, sind die Stadtwerke bereit, dieses Wohnungsbauprojekt nach hinten zu verschieben.
Das Gasteig-Ausweichquartier in Sendling hat auch die Zustimmung des Aufsichtsrats der Gasteig München GmbH. Nur hier ist eine Unterbringung aller im Gasteig ansässigen Institute unter einem Dach möglich, so der Rat. Die nun vorgelegte erste grobe Machbarkeitsstudie empfiehlt auf dem Areal ein Szenario, in dem nicht nur ein Konzertsaal Platz findet, sondern auch die Stadtbibliothek, die Volkshochschule, die Philharmoniker sowie die Hochschule für Musik in den vorhandenen Gebäuden umfassend untergebracht werden können.
Der Konzertsaal könnte in Holzmodulbauweise als „Ersatz-Philharmonie“ auf dem Gelände neu entstehen – als „Zwillingsbau“ direkt neben der ehemaligen Trafo-Lagerhalle der Stadtwerke. Die Trafo-Halle, die unter Denkmalschutz steht, könnte dann zum einen als Foyer und Garderobenbereich für den Konzertsaal dienen, zum anderen aber auch als „Forum“ zur zentralen Anlaufstelle des Gasteig werden, die von allen Institutionen gemeinsam genutzt wird. Das Areal könnte sowohl zur Stadt wie auch zur Isar hin großzügig geöffnet werden.
Bürgermeister Josef Schmid (er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Gasteig GmbH) sagte: „Der Standort bietet die einmalige Chance, die für die Münchner Stadtgesellschaft so wichtigen Einrichtungen des Gasteig an einem gemeinsamen Ort unterzubringen. Gemeinsam mit der Gasteig GmbH und den SWM werden wir den Dialog mit den derzeitigen Zwischenmietern fortführen und die Vertreter der Zwischenmieter über die Entscheidung des Aufsichtsrates informieren.”
Die Lokalpolitiker sehen dem „Zuwanderer” mit gemischten Gefühlen entgegen: „Es bedeutet eine Vertreibung unserer Leute aus dem Viertel”, meinte Margot Fürst (CSU). Sie sorgt sich um die derzeitigen Mieter auf dem Areal und ihre Zukunft.
Die Grünen lehnen den Umzug des Gasteigs ins Viertel grundsätzlich ab: „Er bringt uns die Gentrifizierung ins Viertel”, sagte Rene Kaiser, „wir wollen das nicht, wir werden das immer ablehnen! Der Gasteig vertreibt unsere eigenen Künstler!” Elke Kremer (Grüne) ergänzte: „Sendling ist noch ganz normal. Wir haben Angst, dass sich das verändern wird!”
Andreas Lorenz (CSU) erinnerte hingegen daran, dass alle Fraktionen im Stadtrat, auch die Grünen, für eine Sanierung des Gasteigs und damit seine vorübergehende Auslagerung gestimmt haben: „Irgendwo in München muss ein Ausweichquartier gefunden werden”, sagte er. Man müsse aber auch überlegen, ob wirklich alles an einem Platz untergebracht werden müsse oder ob eine Dezentralisierung (also eine getrennte Unterbringung der verschiedenen Gasteig-Institute) eine Alternative sei. „Sendling will keine Schlafstadt mit schicker Kultur sein, sondern lebt von der Mischung auch mit den Gewerbebetrieben”, unterstrich er. Wenn der Gasteig nach Sendling komme, müsse er den zusätzlichen Verkehr durch Besucher selbst organisieren: „Der Sendlinger Anwohner darf dadurch nicht belastet werden”, verlangte Lorenz. Zudem müsse die Stadt den derzeitigen Mietern des Areals Alternativen zur Verfügung stellen.
Ernst Dill (SPD) stellte ähnliche Forderungen nach einem Verkehrskonzept und nach einer Lösung für die Mieter: „Das Wirtschaftsreferat muss den Nachweis erbringen, dass die derzeitigen Nutzer anderswo untergebracht werden”, betonte Dill. Zudem müssten die Mieter für ihren Umzug entschädigt werden. Dill warnte zudem vor einer Öffnung des Geländes zum Flaucher hin. Der Gasteig dürfe keine „Eventisierung des Flauchers” auslösen.
Grundsätzlich wolle die SPD den Umzug des Gasteigs mittragen, kündigte Dill an: „Wir gehen in die stadtweite Verantwortung”, meinte er im Hinblick auf den Stadtratsbeschluss zur Sanierung. „Die SPD und die CSU werden dem Umzug unter Bedingungen wohl zustimmen”, so Dill.
„Unsere Richtung ist nicht, das der Gasteig alles platt machen will”, bekräftigte Max Wagner. Man könne einige der Mieter auch während der Nutzung des Geländes in die Gasteig-Nutzungen integrieren. Die Machbarkeitsstudie habe nur grobe Vorgaben abgefragt, die Detailplanung müsse in einem noch folgenden Vorbescheidsverfahren (das etwa ein Jahr dauern kann) ausgearbeitet werden.
„Zum Denken anregen” möchten auch die bisherigen Nutzer des Areals, die zahlreich bei der Bezirksausschusssitzung verreten waren. Sie stellten alternative Ideen vor, wie bisherige Nutzer und Gasteig auf dem Areal gemeinsam unterkommen können und erklärten, nicht prinzipiell gegen den Umzug des Gasteigs ins Viertel zu sein.
Die Entscheidung über den Standort des Gasteig während der Generalsanierung wird der Münchner Stadtrat voraussichtlich noch in diesem Jahr, wahrscheinlich im November, treffen. Daher will der Bezirksausschuss Sendling rechtzeitig vor der Stadtratssitzung seine Position abstimmen.
Der Gasteig wurde ab 1978 gebaut und 1984/85 eröffnet. Das Gebäude befindet sich laut Untersuchung des Baureferats in einem gut gepflegten Zustand. Wesentliche technische Einrichtungen haben das Ende ihrer Lebensdauer jedoch inzwischen erreicht. Daher stimmte der Stadtrat (alle Fraktionen) Anfang April für eine Generalsanierung.
Unter anderem sollen dabei die Sprinkleranlagen ausgetauscht werden. Spätestens bei der 2021 fälligen Altanlagenprüfung werden Mängel erwartet.
Die elektro- und fernmeldetechnischen Anlagen sind trotz ihres Alters noch weitestgehend betriebsbereit. Eine Ersatzteilversorgung wird aber zunehmend schwieriger. Erweiterungen (1978 gab es z.B. noch kein Internet) wären im laufenden Betrieb wegen der vollständigen Auslastung der Kabeltrassen nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich. Die Anlagen und Verkabelungen sollen daher vollständig erneuert werden.
Bei der Generalsanierung sollen zudem Fassade (Fenster) und Dach den gegenwärtigen energetischen Vorgaben angepasst werden.