Blühende Rapsfelder und frisch umgepflügte Äcker, dazwischen einzelne Gehöfte, Weiler und kleine Orte wie Tegernau, Lauterbach, Haging und Jakobneuharting:
Die Gemeinde Frauenneuharting ist bayerische Idylle wie aus dem Bilderbuch. Jahrzehntelang hatten Landwirte das Sagen im alten Schulhaus, wo die Gemeindekanzlei untergebracht ist und eine Bildergalerie aller Bürgermeister im Sitzungssaal die wechselvolle Geschichte des Ortes erzählt. Zuletzt war Josef Singer zwölf Jahre lang im Amt gewesen.
Seit vergangenen Mittwoch sitzt nun ein neuer Bürgermeister mit anderer Profession auf dem Chefsessel, der diplomierte Mathematiker Eduard Koch von der Wählergemeinschaft Frauenneuharting.
Gemeinde des
Miteinanders und
Zusammenhalts
Ob er die Interessen der Bauern dennoch vertreten kann? »Es gibt hier keine speziellen Interessengruppen«, sagt er, »es ist ein harmonisches Miteinander. Das ist das Positive an der Gemeinde«. Natürlich sei die Gegend bäuerlich geprägt und das solle auch so
bleiben. Niemand wolle, dass hier alles zugebaut wird. In der Vergangenheit wurde auf moderates Wachstum gesetzt und das sei gut so. Nebenbei sei sein Gegenkandidat bei der Kommunalwahl, Franz Gschwendtner (CSU), auch kein Landwirt, sondern
Versicherungsvertreter. Es hätte also in jedem Fall
einen Berufsgruppenwechsel im Bürgermeisteramt
gegeben.
Dass der gebürtige Westfale, der aus der Nähe von Köln stammt, in der Gemeinde voll integriert ist, zeigt das Wahlergebnis: 58,3 Prozent der Wähler gaben ihm seine Stimme. Bereits mit 18
Jahren kam er nach München, um dort Mathematik und Physik zu studieren, und kehrte nach seinem Zweitstudium und Promotion der Informationswissenschaften an der philosophischen
Fakultät in Saarbrücken wieder zurück nach Bayern. Seit 25 Jahren lebt er mit seiner Frau und den vier Töchtern in Frauenneuharting und ist dort in allen Bereichen engagiert, vom Turnverein
bis zum beschließenden
Ausschuss des Pfarrverbands. 2008 gründete er einen
Musikförderverein, um die von Sparmaßnahmen des Gemeinderates bedrohte Ausbildung heimischer Kinder in der Musikschule zu retten, vor sechs Jahren wurde er in den Gemeinderat gewählt. Dank seiner
Altersteilzeit kann sich der 59-Jährige nun größeren Aufgaben widmen.
Gebäude fit für
die Energiewende
machen
Für die Politik seiner Vorgänger findet Koch nur lobende Worte: »Im Vergleich zu
anderen Gemeinden haben wir nur eine geringe Pro-Kopf-Verschuldung und beim Thema »Wärme aus regenerativen Energien« liegen wir im Kreisvergleich weit vorne«, erklärt der neue Rathauschef. Mehr als 40 Prozent des Bedarfs würde durch erneuerbare Energien erzeugt, teils Erdwärme, teils Hackschnitzelheizwerke, die viele Bauern hätten. »Unsere Aufgabe ist es nun, die öffentlichen Einrichtungen für die Energiewende fit zu machen«. Die energetische Sanierung des Schul- und Lehrerhauses stünden an und man müsse sich eine Alternative zu der kleinen Windkraftanlage überlegen, die den Strombedarf der Schule nicht alleine decken kann. Auch Mehrzweckhalle und Kinderhaus hinkten noch hinterher, die Straßenlaternen könnten auf LED umgestellt werden.
Offene Frage
»altes Pfarrhaus«
Eine Herzensangelegenheit ist ihm das alte Pfarrhaus, das älteste Gebäude in der Gemeinde. »Die Kirche will es loswerden und hat uns angeboten, es in Erbbaurecht zu erwerben«, erzählt Koch. Das Grundstück wäre also im Besitz der Kirche geblieben, dafür hätte die Gemeinde Erbbauzins zahlen müssen. Dem Gemeinderat sei das finanzielle Risiko zu hoch, zumal das Haus unter Denkmalschutz steht. »Aber bevor es jemand anderes kauft und vielleicht zu einem Schandfleck verkommen lässt, hätten wir es
gerne und hoffen auf ein neues Angebot«, erklärt der Bürgermeister.
Nach der konstituierenden Sitzung am vergangenen Mittwoch sind Bürgermeister und Gemeinderäte
wieder in Amt und Würden und können sich den vielfältigen Aufgaben widmen.
Als Kochs Stellvertreter
wurde einstimmig Markus
Wimmer (CSU) gewählt, den
zähen Kampf um das Amt des Dritten Bürgermeisters gewann schließlich mit
sieben zu sechs Stimmen
Thomas Lechner (CSU, Liste 3) gegen Markus Trojak
(Wählergemeinschaft).
Wer dem neuen Rathauschef seine Anliegen persönlich vortragen möchte, hat in
seiner Sprechzeit Gelegenheit dazu. Sie ist jeden
Mittwoch von 14 bis 18 Uhr in der Gemeindekanzlei im Schulhaus, Dorfstraße 3.
Telefonisch ist er in dieser Zeit unter 08 09 2 /18 98 zu erreichen. Sybille Föll