Der TSV 1860 München bleibt neben Spitzenreiter MSV Duisburg nach fünf Spieltagen der einzige Drittligist, der noch keine Niederlage zu verzeichnen hat. „Das war das verrückteste Spiel, das ich als Trainer an der Seitenlinie erlebt habe”, war sich Löwen-Trainer Patrick Glöckner nach dem Abpfiff sicher. Seine Mannschaft war drauf und dran gewesen, sich vor ausverkauftem Haus im Stadion an der Grünwalder Straße gegen den Aufsteiger TSV Havelse 1912 zu blamieren, obwohl zur Halbzeit eine 2:0-Führung auf der Anzeigetafel stand.
In der Anfangsphase verpassten Sigurd Haugen und Neuzugang Marvin Rittmüller mit einem Lattentreffer die mögliche Führung für den Favoriten. Die Gäste aus dem knapp 60.000 Einwohner zählenden Garbsen in Niedersachsen hatten sich nach rund 20 Minuten sortiert und verstanden es immer besser, die Angriffe der Münchner zu unterbinden. Als sich die Uhr schon in Richtung Pausenpfiff neigte, schlugen die Löwen doch noch zu und das gleich doppelt.
Kevin Volland hatte mit einem Pass in die Tiefe den gestarteten Haugen auf die Reise geschickt, doch Havelses Schlussmann Tom Opitz war vor dem Stürmer am Ball. Seine Fußabwehr landete unglücklich bei Volland, der den Ball aus gut 20 Metern zum 1:0 im leeren Gästetor unterbrachte (39. Min.). Eine einstudierte Freistoßvariante sorgte für den zweiten Treffer. Thore Jacobsen, Volland und Florian Niederlechner hatten sich im linken Halbfeld um den Ball postiert, als sich plötzlich Volland im Sprint aus dem Trio löste. Die Defensive der Gäste verfolgte seinen Laufweg. Niederlechner schickte den Ball an den kurzen Pfosten, wo Haugen das Leder per Kopf aus sechs Metern zum 2:0 in die linke Ecke setzte (45. Min.).
Mit der Führung im Rücken ließen es die Löwen nach dem Seitenwechsel ruhiger angehen. „Wir haben viel zu schnell die Bälle abgegeben, unsere Dominanz verloren”, beschrieb Glöckner die Phase. Die Niedersachsen agierten mit Risiko und wurden für ihren Mut belohnt. Eine scharf getretene Ecke an den ersten Pfosten von Besfort Kolgeci versuchte Niederlechner zu klären, drückte den Ball dabei aber zum 2:1-Anschlusstreffer ins eigene Tor (58. Min.). Mit Anbruch der Schlussviertelstunde hätte Haugen für die Vorentscheidung sorgen können, scheiterte aber zweimal am aufmerksamen Torhüter Opitz.
Doch die Begegnung nahm eine andere Wendung: Der bereits mit der Gelben Karte verwarnte Volland grätschte Nassim Boujellab um und wurde vom Unparteiischen, Michael Näther, mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. In Überzahl drängten die Rot-Weißen auf den Ausgleich. Der flinke Robin Müller setzte sich im Dribbling durch und bediente den eingewechselten John Posselt, der den Ball zum 2:2 unter die Latte schoss (89. Min.). Doch den Schlusspunkt setze der TSV 1860 am Ende der fünfminütigen Nachspielzeit.
Nachdem Rittmüller zum zweiten Mal im Spiel an der Latte gescheitert war, rollte ein allerletzter Angriff der Löwen auf das Havelser Tor. Sean Dulic brachte den Ball in den Strafraum, wo der für Haugen ins Spiel gekommene Patrick Hobsch den Ball zum 3:2 über die Linie drückte. Der Schiedsrichter beendete unmittelbar danach die Begegnung. Das begeisterte Publikum feierte einen Last-Minute-Sieg, der dramatischer nicht hätte ausfallen können. „Wir glauben bis zur letzten Sekunde an uns, können immer nochmal eine Chance kreieren und den Lucky Punch setzen”, begeisterte sich Glöckner. Am Mittwochabend ist seine Mannschaft beim Aufstiegsfavoriten FC Hansa Rostock gefordert. (as)