Im Juni jährt sich zum 85. Mal der vom NS-Regime angeordnete Abriss der Münchner Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße 7. Aus diesem Anlass findet am Montag, 12. Juni, um 19 Uhr im Jüdischen Gemeindezentrum am St.-Jakobs-Platz ein Konzert und eine Lesung zu Ehren des berühmten Kantors, Religionslehrers und Komponisten Emanuel Kirschner (1857 – 1938) statt, der kurz vor dem Abriss der Synagoge während des letzten Gottesdienstes am 8. Juni 1938 den Auszug der Torarollen mit seiner unvergleichlichen Stimme begleitet hatte.
Kantor Nikola David und das Ensemble Cantus München geben Kostproben seiner Synagogenmusik, Dr. Andreas Heusler bietet einen Überblick zu seinem Leben und Werk, Armand Presser liest aus Erinnerungen Kirschners und aus historischen Quellen. Eine Anmeldung unter gedenkkonzert@ikg-m.de oder Tel. 089/ 202400-127 ist erforderlich.
Zuvor werden in der Herzog-Max-Straße Erinnerungszeichen für Emanuel Kirschner, seine Frau Ida Kirschner sowie für Gisela und Leopold Goldlust gesetzt, die alle im dortigen Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde gleich neben der Hauptsynagoge lebten.
An der Gedenkveranstaltung um 16 Uhr nehmen der Münchner Ehrenbürger und Holocaust-Überlebende Ernst Grube teil, der in einem der Nachbarhäuser wohnte, die Angehörigen David und Judy Kirschner, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sowie Stadtrat Manuel Pretzl in Vertretung des Oberbürgermeisters.
Emanuel Kirschner wurde 1881 erster Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde. Er komponierte Synagogengesänge und trat mit verschiedenen Chören sowie als Solosänger auf, auch nach seinem Ruhestand 1926. Als die Nationalsozialisten das Gemeindehaus im Juni 1938 beschlagnahmten, mussten Emanuel Kirschenr und seine Frau Ida ins Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in der Kaulbachstraße 65 ziehen. Die Zerstörung „seiner“ Synagoge im Juni 1938 brach ihm nach eigener Aussage das Herz. Er verstarb einige Wochen später am 28. September 1938. Ida Kirschner starb am 4. Juni 1942 im jüdischen Altenheim in der Klenzestraße 4. Einen Tag zuvor hatten die Deportationen aus München in das Ghetto Theresienstadt begonnen, von denen auch sie betroffen gewesen wäre. Ihren Söhnen Max und Fritz war die Emigration gelungen.
Leopold und Gisela Goldlust waren 1927 in das Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde gezogen. Bei den Nachbarskindern war das Ehepaar sehr beliebt, weil es oft Schokolade oder Spielsachen verschenkte. Während der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 hängten Nationalsozialisten Leopold Goldlust am Eingangstor des Hauses auf. Er überlebte nur knapp. Nach Kriegsbeginn verschleppte ihn die Gestapo in das KZ Buchenwald. Dort ermordete ihn die SS am 8. Dezember 1939. Gisela Goldlust wurde im Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb sie am 24. April 1944.