Der Sozialverband VdK Bayern muss nach einer Entscheidung der bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf ab 1. August zwei seiner drei Sitze im Landesbehindertenrat abgeben. VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele hat kein Verständnis für diese Maßnahme. Sie sieht dadurch die unabhängige politische Vertretung von Menschen mit Behinderung geschwächt. Die Entscheidung der Staatsministerin sei dem VdK per Brief mitgeteilt worden, ohne dass die Sitzverteilung innerhalb der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung vorab besprochen worden wäre.
„Mit der Entscheidung, dem VdK zwei seiner drei Sitze im Landesbehindertenrat zu entziehen, ist die mit mehr als 830.000 Mitgliedern größte, finanziell wie parteipolitisch unabhängige Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung in diesem Gremium nicht mehr ausreichend repräsentiert”, kritisiert Verena Bentele. „Das Sozialministerium offenbart ein fragwürdiges Vertretungsverständnis, wenn es die Streichung der Sitze damit begründet, der VdK passe nicht mehr in der bisherigen Größe in den Landesbehindertenrat, weil er keine Selbsthilfeorganisation sei.” Das sei nicht nachzuvollziehen.
Die Schaffung von Inklusion in allen Lebensbereichen ist zentraler VdK-Satzungszweck. Menschen mit Behinderung durch den sozialrechtlichen Paragrafendschungel zu helfen, sie in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und ihre Interessen politisch zu vertreten, wie der VdK es tut, sollte als Qualifizierungsnachweis genügen, so Bentele. „Allein 50.000 Anträge stellen wir pro Jahr für unsere Mitglieder zur Erlangung einer Schwerbehinderteneigenschaft. Die Erfahrungen aus der Rechtsberatung bringen wir als sozialpolitische Vorschläge konstruktiv in landespolitische Gremien wie den Landesbehindertenrat ein. Der VdK setzt dort wichtige Impulse, um das Leben von Menschen mit Behinderung in Bayern zu verbessern. Zu den VdK-Forderungen gehören unter anderem die Einführung eines bayerischen Gehörlosengelds, die Verpflichtung zur Barrierefreiheit in der bayerischen Bauordnung und die Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts.”
Mit der Entscheidung der Ministerin, die ohne vorherige Rücksprache mit dem Landesbehindertenrat und den Behindertenvertretungen erfolgt sei, sondern lediglich mit dem Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Holger Kiesel, abgesprochen wurde, verliert das Gremium aus Sicht des VdK Bayern ein großes Stück Unabhängigkeit und damit an Durchsetzungskraft für die Anliegen der Menschen mit Behinderung im Freistaat.
Leider habe auch eine persönliche Kontaktaufnahme mit der Staatsministerin und dem Behindertenbeauftragten nach Eintreffen des Briefes kein Umdenken herbeigeführt, sagt Bentele: „Ich betone weiterhin: Wir treten gerne in den Dialog über eine Neuaufstellung dieses Gremiums, fordern aber statt ministerieller Basta-Entscheidungen inhaltliche Begründungen und offene Diskussionen innerhalb der aktuell im Landesbehindertenbeirat vertretenen Gruppierungen. Wenn das Ministerium dem Motto 'Nichts über uns ohne uns' richtigerweise mehr Gewicht verleihen möchte, sollte es dies auch vorleben.”
Der Bayerische Landesbehindertenrat berät und unterstützt die Staatsregierung in Fragen der Landesbehindertenpolitik seit 2004. Der Sozialverband VdK Bayern ist seit Beginn Teil des 15-köpfigen Gremiums. Neun Sitze entfallen auf die Vertretungen von Behindertenorganisationen. Davon sollen ab 1. August die LAG Selbsthilfe sieben (statt bisher fünf) besetzen, dazu kommen (wie bisher) ein Sitz für den bayerischen SoVD sowie ein Sitz (statt bisher drei) für den Sozialverband VdK Bayern. Je zwei Sitze haben Vertretungen der kommunalen Behindertenbeauftragten, der Öffentlichen Wohlfahrtspflege sowie der Freien Wohlfahrtspflege. Das Gremium leitet die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf. Ebenfalls Sitz und Stimme hat der bayerische Behindertenbeauftragte Holger Kiesel.