„Lehre uns zu bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden (Psalm 90 Vers 12) - leider ist das mit dem „klug werden” so eine Sache und deshalb ist es gut, dass es Gedenktage gibt. Gedenktage wie der Volkstrauertag, der in diesem Jahr am 16. November stattfindet. Der Volkstrauertag gehört zu den sogenannten „Stillen Tagen”, was zur Folge hat, dass in Lokalen und Bars nicht getanzt werden darf. Lauthals wird immer wieder eine Abschaffung dieser „Stillen Tage” gefordert, als sei es eine Zumutung sich an neun Abenden im Jahr Gedanken zu machen, anstatt sich zu amüsieren. Dabei hat alles seinen Platz und seine Zeit - Sprich das Tanzen und das Gedenken.
Die Schätzungen, wie viele Menschen durch den 2. Weltkrieg ihr Leben lassen mussten, belaufen sich auf rund 60 Millionen Menschen. Es gibt aber auch Quellen, die angeben, dass es bis zu 80 Millionen Opfer waren. Wie hoch die Verluste durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine sind, kann nur geschätzt werden, denn beide Kriegsparteien halten sich hierbei bedeckt. Neben den Soldaten gibt es aber auch überall, wo Kriege stattfinden, unzählige zivile Opfer zu beklagen. Last but not least: Die Emissionen durch den Krieg in der Ukraine sind erheblich. Allein in den ersten 18 Monaten wurden etwas 120 bis 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Entstanden sind diese Emissionen unter anderem durch die Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur, die wieder aufgebaut werden müssen. Auch die Brände, die durch die Kampfhandlungen ausgelöst werden, verursachen enorme Emissionen, so wie auch der Treibstoffverbrauch der Truppen auf beiden Seiten.
In Afrika toben gleiche mehrere Kriege: Ein Bürgerkrieg im Sudan seit April 2023 - seit mehreren Jahrzehnten ein Konflikt im Ostkongo und auch in Nigeria finden kämpferische Auseinandersetzungen statt, um nur einige zu nennen. Leider ist das nur ein kleiner Auszug aus der Liste an Kriegen auf dieser Welt. Friede, wie hier in Mitteleuropa ist ein hohes, ein unschätzbares Gut, dass Grundlage von Demokratie und Wohlstand ist. Genau darum geht es am Volkstrauertag. Sich einlassen auf die Folgen von Krieg und Zerstörung - sich gewahr werden, was Krieg bedeutet, für meine Familien, Freunde, die Umwelt - meine Pläne und Ziele.
Wer sich ein Bild davon machen möchte, findet beispielsweise an der Bundesstraße 472 im Ortsteil Dürnbach der Gemeinde Gmund am Tegernsee einen Soldatenfriedhof. Die Kriegsgräberstätte wurde nach dem 2. Weltkrieg von der Commonwealth War Graves Commission (englisches Pendant zur Deutschen Kriegsgräberfürsorge, Anm. d. Red.) errichtet. Die meisten der dort Bestatteten gehörten der Royal Air Force an und wurden aus Bayern, Württemberg, Österreich, Hessen und Thüringen von bestehenden Einzel- oder Gruppengräbern, nach Dürnbach umgebettet. Einige der Toten sind Angehörige der Truppen des Britischen Empire, die bei Fluchtversuchen aus deutschen Kriegsgefangenenlagern getötet wurden. Auf dem Soldatenfriedhof fanden 2.960 Soldaten des Commonwealth ihre letzte Ruhestätte, wobei 93 Personen nicht identifiziert werden konnten. Es wurden auch für weitere 30 Gefallene anderer Nationen, mehrheitlich Polen, Grabstätten errichtet.
Auf einer Tafel im Eingangsportal des Soldatenfriedhofes steht (auf Englisch und Deutsch): „Auf dieser Kriegsgräberstätte sind 2.960 Gefallene des Zweiten Weltkrieges, vor allem Luftwaffenangehörige, bestattet worden. Nach Nationalitäten aufgegliedert handelt es sich um 2.020 Briten, 484 Kanadier, 281 Australier, 70 Neuseeländer, 30 Südafrikaner, 41 Inder, drei Ostafrikaner, ein Franzose, ein Norweger, 20 Polen, ein Russe, vier Amerikaner und vier mit unbekannter Nationalität. Hinzu kommen Denkmale für fünf britische und einen südafrikanischen Militärangehörige, die andernorts begraben wurden, deren Gräber aber verloren gegangen sind, sowie ein Denkmal für 23 indische Soldaten, deren Leichen verbrannt wurden.“ Viele der Grabsteine enthalten neben dem Namen und dem Alter der Verstorbenen noch letzte Grüße ihrer Lieben, die das ganze Ausmaß der Tragödie für die Angehörigen erahnen lassen. So schrieb die Mutter eines 21-Jährigen: „Gott hat mir das Licht meines Lebens entrissen” oder eine Ehefrau über ihren verstorbenen Mann: „Eine größere Liebe wird es nicht mehr geben.” Wer sein Auge über die unzähligen weiß polierten Grabsteine schweifen lässt, bekommt eine leise Ahnung davon, wie viele Menschenleben der Krieg viel zu früh beendet hat, wie viele Geschichten unerzählt bleiben, wie viele Mütter- und Väterherzen gebrochen wurden, weil ihre Söhne nicht mehr aus dem Krieg zurückkehrten.
Wer vergisst, wie kostbar Frieden ist, wird möglicherweise leichtsinnig. Die Gedenkveranstaltungen, die in jeder Kommune am Volkstrauertag stattfinden, sollen die Taten der Soldaten nicht verherrlichen, sondern dazu gemahnen, den Frieden nicht selbstverständlich zu nehmen. Beständiger Friedensmahner ist beispielsweise der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Er sieht seine Aufgabe vor allem darin die Jugend für das Thema Frieden zu sensibilisieren. Was viele nicht wissen: „Der Volksbund ist anerkannter Träger der politischen Erwachsenenbildung und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe”.
Unter dem Motto „Arbeit für den Frieden“ treffen sich jährlich über 20.000 junge Menschen aus verschiedenen Ländern in den vier Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten sowie bei den Workcamps und Jugendbegegnungen im In- und Ausland, um einander kennenzulernen, gemeinsam Freizeit zu erleben, auf Kriegsgräber- und Gedenkstätten zu arbeiten und sich mit der deutschen und europäischen Geschichte auseinander zu setzen. Die Bundesgeschäftsstelle und Landesverbände bieten im schulischen und außerschulischen Bereich zahlreiche Veranstaltungen im Bereich Aus- und Fortbildung an. In der gemeinsamen Begegnung sollen Vorurteile ausgeräumt und gemeinsame Grundlagen geschaffen werden. Zu den Arbeitseinsätzen von internationalen Jugendgruppen gehören auch immer wieder Einsätze von Jugendlichen auf internationalen Soldatenfriedhöfen. Hier arbeiten Jugendliche aus verschiedenen Nationen zusammen, um die Erinnerung an die vergangenen Kriege wachzuhalten und damit das Bewusstsein zu schaffen, wie kostbar und unverzichtbar Friede ist. Wer mehr über die Arbeit der Deutschen Kriegsgräberfürsorge wissen will, findet weitere Informationen unter www.volksbund.de