Madonna nannte es mal ihr »wichtigstes Buch« und Winona Ryder ist sich sicher, „ohne diesen Roman wäre ich ein langweiliges Mädchen geblieben.“
Die beiden sprechen von J. D. Salingers „Fänger im Roggen“, 1951 erstmals erschienen. Salinger schrieb nur diesen einen Roman. Gegen Verfilmungen und Fortsetzungen wehrte er sich zeitlebens erfolgreich.
Das Buch beschreibt drei ziellose Tage im Leben des 16-jährigen Holden Caulfield. Kurz vor Weihnachten fliegt er wegen schlechter Leistungen von der Schule und traut sich nicht nach Hause. Auf der Suche nach menschlicher Nähe und einer Zukunftsperspektive irrt er durch Manhattan. „Irrsinnskram“ nennt er seine Erlebnisse.
„Wie soll man denn wissen, was man tun wird, bevor man es wirklich tut?” Verständnislos reagiert Holden auf die wiederkehrenden Fragen der Erwachsenen nach seinen Zukunftsplänen. Er erlebt, was jeder junge Mensch beim Erwachsenwerdenmüssen erlebt: die Unsicherheit über das eigene Ich, das Eingesperrtsein im eigenen Kopf, das Immer-irgendwo-Dazwischen-Sein ohne richtig dazuzugehören.
Junge Leute haben sehr klare Vorstellungen davon, wie die Welt sein sollte - aber es fehlen ihnen die Möglichkeiten, sie umzusetzen. 30 Jahre später ist es genau anders herum. Was einmal als verlogen oder „phony” wahrgenommen wurde, wird dann als pragmatisch entschuldigt (und ist es oft tatsächlich).
Deswegen ist der „Fänger im Roggen“ so „ikonisch“ und nicht nur für Madonna wichtig: Weil jede und jeder früher oder später an dieser Gabelung ankommt und zwischen „sollte“ und „kann“ einen gangbaren Weg finden muss.
Manch einer nimmt - wie zu viele, die zu Ikonen aufschauen - die falsche Abzweigung: Lennons Mörder trug den „Fänger“ bei sich, als er ein Leben auslöschte. Derart anmaßend und selbstgerecht zu sein, ist Holden vollkommen fremd: Er findet wieder halbwegs festen Boden unter den Füßen - als er spielenden Kindern zusieht und versteht (Eltern aufgepasst!), was das ganze Geheimnis einer guten Erziehung ist (Salinger verrät es auf den letzten Seiten und trifft damit vielleicht sogar den Sinn des Lebens).
In den USA zählte der Roman bis 2009 zu den Büchern, zu denen die meisten Anträge auf Entfernung aus Bibliotheken und Schulen gestellt wurden. Gleichzeitig wird er häufig in Schulen behandelt.
Heute werden jedes Jahr eine Viertelmillion Exemplare des „Fängers“ verkauft. Es ist noch immer ein Buch, das man der besten Freundin zum 17. Geburtstag schenkt.
Bücher begleiten beim Erwachsenwerden.
Wir stellen vier Bücher vor, die wir im Bücherschrank Glockenbachviertel gefunden haben. Das sind die anderen drei aus unserem Quartett:
Der Bücherschrank Glockenbachviertel steht im Schatten des „Rosa Stangerls”, des Maibaums am Karl-Heinrich-Ulrichs Platz.
Der Bach daneben ist der Westermühlbach. Der fürs Viertel namensgebende Glockenbach wurde in den Untergrund verbannt und fließt u.a. unter der Pestalozzistraße.