Die Last der Verantwortung wird häufig übersehen - hier nicht


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
„Gol Roti“ (Werkreihe), Sara Hashmi, 2025. (Foto: Sara Hashmi)
„Gol Roti“ (Werkreihe), Sara Hashmi, 2025. (Foto: Sara Hashmi)
„Gol Roti“ (Werkreihe), Sara Hashmi, 2025. (Foto: Sara Hashmi)
„Gol Roti“ (Werkreihe), Sara Hashmi, 2025. (Foto: Sara Hashmi)
„Gol Roti“ (Werkreihe), Sara Hashmi, 2025. (Foto: Sara Hashmi)

Am Mittwoch, 25. Juni, eröffnet um 19 Uhr in der Halle der Platform (Kistlerhofstraße 70, Haus 60, 3. Stock) die Ausstellung „I Care For You”, in der sieben Künstlerinnen und Künstler ihre Werke zur Sichtbarkeit der Carearbeit präsentieren. In der Gruppenausstellung werden auf künstlerische Weise persönliche und gesellschaftliche Aspekte von Sorgearbeit gezeigt – etwa im Umgang mit Krankheit, Mutterschaft oder Krieg. Die Ausstellung soll einen Raum schaffen, der zu Empathie und Reflexion über die häufig übersehene Last der Verantwortung anregt.

Sieben Künstler stellen aus

Sara Hashmi thematisiert in ihrer Werkreihe „Gol Roti” das pakistanische Fladenbrot als Symbol kultureller Erwartungen und patriarchaler Rollenbilder. Durch Zeichnungen auf dem Brot reflektiert sie kritisch wie wertschätzend die Lebensrealitäten vieler pakistanischer Frauen zwischen Fürsorge, Aufopferung und Widerstand.
Jung-Ah Hwang verarbeitet in „Ghost with Flesh” die erzwungene Distanz zu ihrer Familie und die Verwehrung südkoreanischer Trauerrituale infolge ihres undokumentierten Aufenthaltsstatus. Ihre Arbeit thematisiert einen Zustand zwischen Verlust, Selbstfürsorge und staatlich verhinderter Carearbeit.
Mit der performativen Installation „Ich lag noch nie so gut!” am Eröffnungsabend verarbeitet das Kunstkollektiv Hybris persönliche Erfahrungen mit familiärer Pflege. Ausgehend von den regelmäßigen Stürzen des Vaters, inszenieren die Künstlerinnen und Künstler mit einem roten Teppich ihre Carearbeit. Das Hochhelfen wird zu einer körperlich-emotionalen Geste zwischen Intimität und Öffentlichkeit.
In „The Hum Op 02” untersucht Tetiana Kornieieva die Bedeutung von Fürsorge in Kriegsgebieten am Beispiel einer ukrainischen Kindergärtnerin, die zur Soldatin wurde. Ihre Arbeit zeigt, wie Schutz und Care in Ausnahmesituationen verschmelzen und sowohl Fragilität als auch Widerstandskraft offenbaren.
Naho Matsuda entwarf in ihrer Workshopreihe Soft Skills gemeinsam mit Kindern Fan-Schals als textile Ausdrucksformen ihrer Emotionen und Zukunftswünsche. Der „Super-Fan Schal” reflektiert Fragen von Zugehörigkeit und sozialer Klasse und identifiziert Care als Teil gesellschaftlicher Verantwortung.
Anna Schölß setzt sich in ihrem Werk „Heat it up” mit unbezahlter, immer wiederkehrender Carearbeit und den Auswirkungen des Klimawandels auseinander. Eine Wäschespinne im Raum, beladen mit scheinbar schmelzenden Tüchern, wird zum Sinnbild für alltägliche, übersehene Arbeit.
Auf 50 Polaroids zeigt Stella Deborah Traubs Werk „the ones who cared” zeigt die Freundinnen und Freunde, die sie während ihrer Long-Covid-Erkrankung unterstützten - durch Carearbeit und emotionale Nähe. Die Serie ist ein persönliches Archiv gelebter Solidarität und macht die Bedeutung zwischenmenschlicher Fürsorge sichtbar.

Lernen und experimentieren

Die Platform ist ein Projekt der Stadt München zur Qualifizierung der Kulturschaffenden, vor allem Bildender Künstler und Kulturmanager, für den kulturellen Arbeitsmarkt. Die Qualifizierung erfolgt intern durch fünf Volontariatsstellen für Kulturmanager und Kuratoren wie auch extern über Seminare und Vorträge für Bildende Künstler und Kulturmanager. Das Programm beinhaltet Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, Diskussionen, Vorträge, Künstlergespräche, Filmvorführungen, Publikationen u.a. und setzt sich mit den aktuellsten gesellschaftlichen Themen auseinander. Darüber hinaus bietet die Platform 23 Studios für professionell arbeitende Kreative aller Sparten wie auch ein Experimentierfeld im Bereich Kunst und Wirtschaft.

Drumherum

Vernissage am Mittwoch, 25. Juni, 19 Uhr, mit Begrüßung durch Stadtrat David Süß, Dr. Christian Landspersky (Leitung Platform) und Kuratorin Martine Klein sowie mut Live Performance des Kunstkollektivs Hybris. Während der Eröffnung wird Kinderbetreuung angeboten.
Die Ausstellung ist vom 26. Juni bis 30. Juli (Mo-Fr 10-17 Uhr) zu sehen.
Kostenlose Führungen werden jeden Dienstag um 16 Uhr angeboten.

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