Was der Verein Freunde alter Menschen macht, sieht man sofort, wenn man das geräumige Büro in der Konrad-Celtis-Straße in Mittersendling betritt. An der Wand hängen sehr gelungene Porträts von jeweils alten und jüngeren Menschen zusammen. Entstanden sind sie über Jahre und dokumentieren Besuchspartnerschaften, aus denen häufig echte Freundschaften entstanden sind, die auf gegenseitigen Respekt beruhen.
Der Verein Freunde alter Menschen ist eine Freiwilligen-Organisation mit internationaler Ausrichtung. Seinen Ursprung hat er in Frankreich. Der Verein ist Mitglied der internationalen Föderation „les Petits Frères des Pauvres“. In Deutschland sind an den Standorten Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und München etwa 700 Freiwillige für fast 800 Menschen über 75 Jahre aktiv.
Seit 2021 gibt es den Verein Freunde alter Menschen auch in München. Mit Michaela Münz und Sophie Walz arbeiten zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen 20 Stunden die Woche für den Verein – mit dem Ziel: möglichst viele Besuchspartnerschaften stiften. Denn diese Besuche schenken Lebensfreude, und sie helfen gegen Einsamkeit und soziale Isolation.
Zudem arbeiten viele Freiwillige als sogenannte „Lokalhelden”. Sie verteilen in ihrem Viertel Flyer und machen so im ASZ, in Senioren-Treffs, bei Pflegediensten oder in Apotheken auf das Angebot des Vereins aufmerksam. Immer mit dem Ziel: einsame Menschen auszumachen, um die sich ein Ehrenamtlicher kümmern kann und so eine dauerhafte Freundschaft zu ermöglichen.
Derzeit sind 115 Freiwillige in München tätig, ausschließlich im Stadtgebiet. Studenten, Berufstätige und Rentner im Alter von 20 bis 69 Jahre. 64 davon besuchen etwa 48 alte Menschen in München. Die Senioren sind zwischen 75 und weit über 90 Jahre alt - überwiegend Frauen. Da wird viel gespielt, von Schach und bis „Mensch ärgere dich nicht”, vorgelesen und Kaffee getrunken. Und der eine oder andere Freiwillige bringt zum Besuch schon mal einen selbstgebackenen Kuchen mit.
Bei Besuchen muss es aber nicht bleiben. Wenn die älteren Menschen noch gut zu Fuß sind, werden die unterschiedlichsten Ausflüge unternommen. Da geht es ins Museum oder auf einen Spaziergang im Viertel. Was die Mobilität eben erlaubt. Eine ältere Frau ist eine Klassik-Liebhaberin und -Expertin. „Wir haben tatsächlich eine Freiwillige gefunden, die ebenso Klassik liebt. Jetzt tauschen sich die beiden angeregt über ihr Hobby aus und hören auch Musik zusammen”, erzählt Michaela Münz.
Aus den Besuchen sind häufig echte Freundschaften entstanden, die auf gegenseitigem Respekt beruhen. „Wir achten darauf, dass sich Freiwillige und alte Menschen verstehen, zueinander passen. Daher sind wir bei der ersten Begegnung auch dabei“, sagt Sophie Walz. Der Besuch sollte mindestens alle zwei Wochen sein, viele Ehrenamtliche besuchen ihren alten Menschen aber auch häufiger.
So wie eine ältere Frau, die um ihren verstorbenen Mann trauerte und mit seinem Porträt auf der anderen Seite des Tisches Halma gegen ihn spielte. Der Verein Freunde alter Menschen fand eine Ehrenamtliche, die auch gerne spielte - und nun spielen Alt und Jung gemeinsam Halma. Und dieses Miteinander, dieser soziale Kontakt hat der Seniorin bei der Trauerarbeit enorm geholfen.
Immer wieder finden auch gemeinsame Veranstaltungen statt, auf der sich die alten Menschen untereinander kennenlernen. Rund um den 1. Oktober, dem „Tag des älteren Menschen”, findet jährlich eine Veranstaltung statt; letztes Jahr ging es auf die Wiesn. An Heilig Abend veranstaltet der Verein eine gemütliche Weihnachtsfeier im Büro, an der auch Freiwillige teilnehmen, die häufig auch den Fahrdienst übernehmen.
Es ist keineswegs so, dass die Freiwilligen „nur ihr Zeit opfern”, weiß Sophie Walz. Es sind Begegnungen auf Augenhöhe. Sie und Michaele Münz erhalten viel positives Feedback von den Freiwilligen, dass die Besuche und die Freundschaft auch für sie selbst eine „schöne Zeit” sind. Viele empfinden es als Bereicherung, dass die alten Menschen von alten Zeiten erzählen können oder ihre Sicht auf aktuelle politische oder gesellschaftliche Themen darlegen.
Weil die Ehrenamtlichen, die vor Beginn ihrer Tätigkeit ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen, bei ihren Besuchen auch Verantwortung übernehmen, werden sie von Michaela Münz und Sophie Walz fachlich begleitet. Regelmäßig finden Online-Workshops zum Beispiel zum Thema „wertschätzende Kommunikation” oder „Umgang mit Trauer” statt, oder nützliche Infos von Netzwerkpartnern werden in der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe geteilt.
Als Zeichen der Wertschätzung organisieren Michaela Münz und Sophie Walz immer wieder gemeinsame Events für die Freiwilligen. Wer Lust und Zeit hat, kommt zu Feiern im Büro oder wie letzten Winter zum geselligen Einstockschießen im Hirschgarten. Dabei tauschen die Ehrenamtlichen ihre Erfahrungen aus und geben sich wertvolle Tipps.
Etwa sechs Millionen ältere Menschen (ab 65) in Deutschland leben allein. Vor 20 Jahren waren es noch etwa fünf Millionen. Und in München? Etwa 90.000 Menschen über 75 Jahre leben allein. Viele davon sind einsam, manche verlassen ihre Wohnung gar nicht mehr. Einsamkeit ist ein Form der Armut, die niemand erfahren sollte. Aber die Realität ist leider eine andere. Und genau dagegen möchte der Verein Freunde alter Menschen etwas tun.
Leider kennen nicht alle alten Menschen Organisationen wie die Freunde alter Menschen. Oder die Hemmschwelle, sich Einsamkeit einzugestehen, ist zu hoch. Wer betroffen ist oder wer jemanden kennt, kann sich beim Verein melden. Denn davon profitieren viele: die alten Menschen, die Freiwilligen und die Gesellschaft.
Freunde alter Menschen
Konrad-Celtis-Straße 30
81369 München
www.famev.de
E-Mail: muenchen@famev.de
Tel. 089/32637500
(Mo.-Do., 9 bis 16 Uhr)
Ansprechpartnerinnen:
Michaela Münz &
Sophie Walz