Biber, Mühlenrad, Scheibenfibel, dazu rund 800 Quadratmeter Fläche und natürlich ein Künstler, in diesem Fall Martin Blumöhr: das alles sind die „Zutaten” für ein bemerkenswertes Kunstprojekt. Am Freitag, 18. Juli, wird das Werk „Menzinga” feierlich eröffnet. Wo? In der Unterführung am S-Bahnhof Untermenzing an der Bauseweinallee. Los geht's um 16 Uhr.
„Beim Kunstprojekt ,Menzinga' gestaltete ich aus recherchierten und vom Bezirksausschuss 23 zur Verfügung gestellten Informationen über geschichtliche Aspekte und architektonische, politische und kulturelle Merkmale Untermenzing, in einer großformatigen Komposition ein Wandbild. Dabei habe ich etwa die keltischen Fundstücke aus der Rueßstraße 47, die Schmieden und Mühlen, das Hitlerjugendhaus, den Torbogen in der Angerlohe und vieles mehr in die Komposition eingewebt”, so Martin Blumöhr.
Das Kunstprojekt – eines der größten seiner Art in München – gliedert sich in zwei Bereiche auf: Einerseits das glasüberdachte „Florarium”, das als eine Art Intro eher die Gefühl- und Gedankenwelten beim Wandeln an der Würm beschreibt und ihre Schönheit feiert. Dieser Bereich zitiert das Grundgesetz Artikel 3 (3): „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
„Der lange, schmale Gang, der die Bahnunterführung mit den Bahnsteig verbindet, wird dabei zum Würm-Flußbett. Das Wasser als Symbol des Lebens wird in Form meiner bekannten Herangehensweise selbst zum Leben erweckt und mit Flussufer-Szenarien bevölkert. So entsteht eine Art Mikro-Makro-Kosmos über Untermenzing und seine Bewohner”, erklärt der Künstler. „Das Ganze beginnt auf den Körpern von zwei Lindwürmern und man wandert quasi in die Würm hinein.”
Andererseits gibt es die eigentliche Unterführung „Menzinga” mit den Aspekten zum Stadtteil, seinen Bewohnern, historischen, architektonischen und institutionellen Besonderheiten. Das ist zum Beispiel das Tor in der Angerlohe, bei dem vor vier Jahren wieder die zweite Kugel aufgesetzt wurde. Martin Blumöhr hat das in seinem Bild festgehalten: Kleine Menschen – die Untermenzinga – die die Kugel wieder platzieren. „Für mich zeigt das auch den Zusammenhalt im Stadtviertel”, sagt er.
Pascal Fuckerieder, Vorsitzender des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing, ist begeistert von dem Kunstprojekt. „Ich freue mich sehr, dass mit ,Menzinga' ein Kunstwerk entstanden ist, das unseren Stadtteil auf so besondere Weise sichtbar macht. Martin Blumöhr kennt die Menschen hier – und das merkt man. Die Unterführung am S-Bahnhof Untermenzing wird dadurch nicht nur bunter, sondern sie erzählt auch Geschichten aus Untermenzing und Allach: poetisch, überraschend und nah an den Menschen. Ein echter Gewinn für den öffentlichen Raum”, sagt er.
Gestaltet und ausgeführt ist die Wandarbeit als Teil der Serie „Public Viewing“ von Martin Blumöhr direkt aus dem Kopf heraus, ohne Vorzeichnung und im Dialog mit Passanten in einer Kombination aus Lack- und Tuschemalerei.
Bereits seit 2005 arbeitet Blumöhr daran, den Aspekten der Münchner Stadtviertel in großformatigen Wandarbeiten nachzuspüren. So hat er im Auftrag der Stadt auf den temporären Stellwänden in der ein Jahr dauernden Umbauphase des Marienplatzes am Gleis U6/U3 Richtung Großhadern/Fürstenried West eine 16 Meter mal 4,5 Meter große Wandarbeit mit assoziativen Aspekten zu München gestaltet, die mit großer Begeisterung bei der Bevölkerung aufgenommen wurde. Die Arbeit wurde später abgetragen und in vielen Ausstellungen im Raum Bayern gezeigt. Das war die Geburtsstunde der Serie „Public Viewing“, an der der Künstler seitdem erfolgreich in Kooperation mit dem jeweiligen Bezirksausschuss und dem Baureferat sowie Kulturreferat der Landeshauptstadt München im öffentlichen Raum arbeitet. Der Schwerpunkt dieser muralen Arbeiten liegt in der empathischen Wahrnehmung des Entstehungsortes der Arbeit.
Zumeist betreibt der Künstler dazu Recherche zum Viertel, bespricht sich mit verschiedenen Vereinen, Einrichtungen, Gremien und Stadtviertel-Historikern. Außerdem trifft er dann während der künstlerischen Umsetzung vor Ort Personen – Passanten oder Kunstinteressierte – und bezieht gewonnene Schilderungen, Vorstellungen oder Anregungen zum jeweils angedachten Thema beim gestalterischen Prozess mit ein, die er anschließend assoziativ in die spontan – vor Ort – entstehende Komposition mit einflechtet.
Begonnen hat Martin Blumöhr mit dem ersten Pinselstrich 2023. Vorangegangen waren Vorarbeiten. Unterstützung hatte er dann immer wieder von Praktikanten der Kunst-FOS.
Zur Eröffnung am 18. Juli werden neben Pascal Fuckerieder auch Stadträtin Heike Kainz, Münchens 2. Bürgermeister Dominik Krause sowie Alt-Oberbürgermeister Christian Ude erwartet. Für die musikalische Umrahmung sorgen Flora Magica und die Münchner Blues Brothers, Barbara Janina und die Munich Rhythm & Blues Band. Dazwischen lädt Martin Blumöhr um 19 Uhr zu einem Rundgang mit Künstlergespräch ein. Außerdem gibt es kulinarische Schmankerl und Getränke zum kleinen Preis und ein Quiz für Jung und Alt.
Weitere Infos finden sich unter www.martin-blumoehr.de.