Moosach ist ein Sanierungsfall - zwar nicht der ganze Stadtteil, aber zumindest die Wohnsiedlungen zwischen Dachauer Straße und Wintrichring sowie der alte Dorfkern um den St.-Martins-Platz und der Westfriedhof. Die genannten Gebiete gehören zum Sanierungsgebiet Moosach, das neu entwickelt und für die Zukunft fit gemacht werden soll, wofür Geld von Bund und Freistaat Bayern fließt. „Sanierungsgebiet” heißt allerdings nicht, das hier alle Gebäude komplett unansehnlich sind.
Zum Beispiel in der Nanga-Parbat-Straße, die im Wohngebiet westlich der Dachauer Straße verläuft, könnte Freunde der Kunst und Architektur so manches erfreuen. Die Hausnummern 34, 36-42 und 44-46 sind anno 2023 mit dem Fassadenpreis der Stadt München ausgezeichnet worden. Alle drei Häuser wurden 1959 als sozialer Wohnungsbau mit sehr einfachem Wohnstandard errichtet. Nach Auslaufen der Sozialbindung sei hier ein „energetisches und wohnraumverbesserndes [...] Sanierungskonzept” umgesetzt worden, teilte die Stadt anlässlich der Preisvergabe mit. Neben der Kernsanierung wurden Außenaufzüge nachgerüstet, Eingangsüberdachungen ergänzt sowie ein weiteres Geschoss durch eine leichte Erhöhung des Speichers gewonnen. Jedes Gebäude habe zudem ein individuelles Fassadenkonzept erhalten. Die Anwesen stellen seither laut Stadt eine „Bereicherung für das umliegende Wohngebiet” dar.
An anderen Häusern in der Nanga-Parbat-Straße und der Welzenbachstraße nagt zugegeben der Zahn der Zeit. Hingucker sind manche Bauwerke trotzdem - und zwar wegen den Kunstwerken, die an den Hausfassaden prangen. Es handelt sich um vielfarbige Wandbilder, geschaffen in der sogenannten Sgraffito-Technik, einige im Großformat an den Giebelseiten und viele mehr im kleinen Format an den quadratischen Putzflächen zwischen den Fenstern der Treppenhäuser. Die Motive reichen von klassischen Stillleben mit Vasen und Obstschalen über Darstellungen von Tieren bis hin zum Heiligen Martin, der auf dem Pferd sitzend seinen Mantel mit dem Bettler teilt. Die Sgraffiti findet man an den Häuserzeilen Nanga-Parbat-Straße 18-28 gerade, Nanga-Parbat-Straße 19-59 ungerade sowie Welzenbachstaße 27-47 ungerade.
Geschaffen hat die Kunstwerke Max Dellefant, der 1907 in München geboren wurde und ab 1956 als Baurat an der Meisterschule für Bauhandwerker an der Luisenstraße unterrichtete. Als das städtische Bauamt zwischen 1953 und 1962 die Wohnsiedlung an der Nanga-Parbat-Straße, Welzenbachstraße und Alfred-Drexel-Straße in mehreren Bauabschnitten hochzog, verwirklichte Dellefant hier zahlreiche Sgraffiti. Erhalten sind sie bis heute, wenngleich einige Motive sanierungsbedürftig wirken. Durch ein Wärmedämmverbundsystem seien bereits Kunstwerke verloren gegangen, andere teilgeschädigte müssten restauriert werden, heißt es hierzu auf der Homepage von „Kunst am Bau in Bayern”, einem Mitmachprojekt des Denkmalnetzes Bayern.
Doch was passiert mit den Kunstwerken, wenn die Häuser saniert werden? »Die Wandverzierungen waren im Detail noch nicht Gegenstand der bisherigen Quartiersentwicklung«, teilte die Münchner Wohnen, die Eigentümerin der Gebäude ist, mit. Jedoch sollen die Qualität und die Identität des Quartiers gestärkt und der Bezug zur ursprünglichen Errichtungszeit im Gesamtkontext beibehalten werden. In den noch ausstehenden Planungen werde Dellefants Fassadenkunst also berücksichtigt, versichert die Münchner Wohnen.
Vergleichbar mit den Sgraffiti im Sanierungsgebiet Moosach sind jene in der nach dem 2. Weltkrieg errichteten Siedlung Ramersdorf-Süd, die etwa einen Kilometer südlich des Münchner Ostbahnhofs liegt. Hier heißen die Kunstwerke „Supraporten”, weil sie direkt über den Hauseingängen prangen, und reichen von naturalistischen Darstellungen bis zu expressionistischen Motiven. Neben Malereien findet man hier sogar Reliefs und Plastiken.
Weil die Siedlung Ramersdorf-Süd ebenfalls saniert und umgebaut wird, waren die Supraporten nach Ansicht einiger engagierter Bürgerinnen und Bürger in Gefahr. So kämpfte der Verein „Schutzgemeinschaft Ramersdorf” dafür, die Kunstwerke an den Hausfassaden unter Denkmalschutz zu stellen - mit Erfolg: Inzwischen stehen die Ramersdorfer Supraporten auf der Bayerischen Denkmalliste. Das wäre doch auch für die Nanga-Parbat-Straße und Welzenbachstraße einen Versuch wert...
In der Aula der Grundschule am Amphionpark (Welzenbachstraße 12) präsentieren am Montag, 27. Oktober, von 18 bis 20 Uhr die beauftragten Planungsbüros die Rahmenplanung für die Wohnsiedlungen zwischen der Dachauer Straße und dem Wintrichring. Der Infoabend der Stadtsanierung Moosach richtet sich vor allem an die Anwohnenden. Da die Plätze begrenzt sind, ist eine Anmeldung erforderlich, unter Tel. 45205666 oder info@stadtsanierungmoosach.de