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Veröffentlicht am 01.04.2009 17:04

„Weisheit der Älteren schätzen“


Von LS
Nikolai Schulz mit Stativ- und Kameratasche auf dem Weg zum Clipdreh für Memoro. (Foto: privat)
Nikolai Schulz mit Stativ- und Kameratasche auf dem Weg zum Clipdreh für Memoro. (Foto: privat)
Nikolai Schulz mit Stativ- und Kameratasche auf dem Weg zum Clipdreh für Memoro. (Foto: privat)
Nikolai Schulz mit Stativ- und Kameratasche auf dem Weg zum Clipdreh für Memoro. (Foto: privat)
Nikolai Schulz mit Stativ- und Kameratasche auf dem Weg zum Clipdreh für Memoro. (Foto: privat)

„Die Idee des Projekts ist es, eine Generationenbrücke zu schaffen“, sagt Nikolai Schulz. Der gebürtige Bonner betreibt seit Oktober 2008 die deutsche Internetseite von „Memoro“. Im April 2008 von vier jungen Italienern ins Leben gerufen, will die „Bank der Erinnerungen“, so der Untertitel des Videoportals, den Erfahrungsschatz Älterer an Jüngere weitergeben. Wie das funktioniert? Menschen ab 65 Jahren erzählen in kurzen Videoclips aus ihrem Leben. Die Themen reichen von geschichtlichen Ereignissen wie Kriegs- und Nachkriegszeit bis zu ganz persönlichen wie einem Schulbubenstreich oder dem ersten Kuss. „Die Videoclips sollen konsumierbar sein“, erklärt Schulz. „Es soll Spaß machen, sie anzuschauen.“

Nikolai Schulz wurde durch einen Artikel im Spiegel auf die „banca della memoria“ aufmerksam. „Ich fand die Idee toll und habe den Italienern per E-Mail ein Lob geschickt. Daraufhin haben sie gefragt, ob ich nicht Lust auf eine deutsche Seite hätte.“ Und Schulz hatte Lust. „Ich habe 20 Jahre lang Computer verkauft und war an einem Wendepunkt in meinem Leben. Ich wollte etwas Gutes tun.“ Heute kümmert sich der selbstständige IT-Berater und PC-Trainer „fulltime“ um Memoro. „Wichtig ist, dass wir die Weisheit der Älteren schätzen und sie einbinden“, sagt Schulz, der auch Senioren am Computer schult. Zielgruppe des Portals sind insbesondere Jugendliche, die so „live“ gelebte Geschichte und Geschichten erfahren – ähnlich dem Bild des Großvaters, der den Enkeln aus seinem Leben erzählt, nur virtuell.

„Immer ein Abenteuer“

„Vor einem halben Jahr wusste ich noch nicht einmal, wie ich ein Video aufnehme“, erinnert sich Nikolai Schulz. Mittlerweile umfasst die deutsche Memoro-Datenbank über 100 Videos. Neben Senioren aus München und Umgebung hat er auf Reisen auch Menschen aus Berlin, Wuppertal und Düsseldorf aufgenommen. „Es macht Spaß, weil die Arbeit sehr abwechslungsreich ist“, so Schulz. „Es ist immer ein Abenteuer, Senioren zu finden.“ Für die ersten Videos hat er im Bekannten- und Verwandtenkreis nach Teilnehmern gesucht und Leute auf der Straße angesprochen – „aber das hat nicht geklappt“. Über Handzettel und E-Mails an Altersheime verbreitete er die Memoro-Idee.

„Im Vergleich zu den Italienern sind deutsche Senioren nicht so extrovertiert“, erzählt Schulz. „Wer Computererfahrung hat, ist dem Projekt gegenüber eher aufgeschlossen als diejenigen, die sich nicht damit auskennen. Da herrscht viel Misstrauen, gerade gegenüber dem Internet.“ Um die Seriosität von Memoro zu unterstreichen, wird gerade ein gemeinnütziger Verein gegründet. Schulz: „Wenn wir offiziell als gemeinnützig anerkannt sind, verschwinden hoffentlich alle Zweifel.“ Memoro ist ein Non-Profit-Projekt, also ein Projekt, das keinen Gewinn abwirft. Im Moment finanziert Nikolai Schulz seine Arbeit von Erspartem. Er hofft jedoch, dass sich Memoro mittelfristig durch Sponsoren finanziert. „In Italien unterstützt die Brauerei Peroni das Projekt. Sie hat eine eigene Rubrik auf der Internetseite, in der ehemalige Mitarbeiter erzählen.“ Das sei eine schöne Verbindung zwischen Werbung und dem Projekt Memoro, findet Schulz. „Es wäre traumhaft, wenn wir das auch in Deutschland hätten.“

„Auch junge Leute ansprechen“

Für die Zukunft von Memoro hat Nikolai Schulz einige Pläne: „Die Italiener haben im August 30 Städte in 30 Tagen bereist. Eine schöne Idee, die ich mir auch für Deutschland vorstellen könnte. Mir macht es Spaß, Menschen mit verschiedenen Dialekten aufzunehmen.“ Ein weiteres Vorbild aus Italien: Stadtviertel-Geschichte. „Die italienischen Kollegen haben eine Rubrik, in der Turiner über die Geschichte des Viertels erzählen, in dem sie wohnen. Es wäre auch für München toll, die städtebauliche und historische Entwicklung aus einem ganz persönlichen Blickwinkel zu dokumentieren.“ Auch eine Einbindung in den Schulunterricht sei denkbar: „Wir möchten mit dem Projekt auch junge Leute ansprechen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass Schüler ihre Großeltern filmen und die Videos dann auf unsere Seite stellen.“ Das könne man auch künstlerisch gestalten, etwa in einem Kunst-Leistungskurs, indem in die Erzählung historische Dokumente zum Thema eingebaut werden. „Das wäre für mich die perfekte Generationenbrücke.“

Weitere Informationen gibt es bei Nikolai Schulz unter Tel. 95455453 bzw. 0179/2963669, per E-Mail: Nikolai.Schulz@Memoro.org und im Internet: www.memoro.org .

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