Der Heilige Berg Andechs gilt als ältester Wallfahrtort Bayerns. Rund eine Million Menschen kommen jedes Jahr hierher, besuchen die Wallfahrtskirche und kehren danach ein, um das weltberühmte Bier zu genießen. Etwa zehn Millionen Liter werden jährlich in der Klosterbrauerei gebraut. Natürlich nach dem Reinheitsgebot. Wie das genau funktioniert, erleben Besucher seit einiger Zeit bei einer besonderen Führung mit Virtual-Reality-Brillen.
Normalerweise haben nur Mitarbeiter Zutritt zur Brauerei. Doch bei dieser Tour öffnen sich die Türen auch für Gäste. Während man mit eigenen Schritten durch die Gebäude geht, werden auf Anweisung einer Führerin die Brillen immer wieder ab- und dann aufgesetzt. An verschiedenen Stationen blendet die VR-Technik Bilder ein, die sonst verborgen bleiben. Von außen erinnern die holzgetäfelten Gebäude der Brauerei an landwirtschaftliche Stadln, innen befindet sich modernste Brautechnologie, mit der VR-Brille sogar mehr, als das Auge erfassen kann. In der Brauerei staunen die Teilnehmer über die meterhohen silberglänzenden Zylinderbehälter. Jeder fasst etwa 100.000 Liter. „Brille aufsetzen“ bittet die Führerin und plötzlich eröffnet sich eine neue Welt. Die Wände der Tanks werden durchsichtig. Man sieht Flüssigkeiten steigen und sinken, Ingredienzien mischen sich, die Gärung läuft wie im Zeitraffer ab. Kessel, Bottiche, Rohre und Arbeiter wirken zum Greifen nah, doch wer den Arm ausstreckt, greift ins Leere. Die virtuelle Welt legt sich über die reale.
Die Geschichte des Bierbrauens wäre ohne Klöster anders verlaufen. Ihre Pionierleistung prägt die Braukunst bis heute, auch in Andechs. Seit 1128 ist die Wallfahrt in Andechs bezeugt. Seit 1455 betreuen die Benediktiner den Ort.
Die Mischung aus begehbarer Brauerei und virtueller Einblicke macht diese Führung besonders. Neben technischen Abläufen geht es auch auf Zeitreise: zurück zu den Anfängen der Andechser Braukunst und zu den Ursprüngen des Bräustüberls im Mittelalter. „Ora et labora“ – bete und arbeite – nach dieser Regel leben und wirtschaften die Benediktiner bis heute.
Gegen Ende der Führung betritt die Gruppe die Flaschenfüllerei. An diesem Tag stehen die Bänder still. Doch kaum sitzt die Brille, erwacht die Halle zum Leben – zumindest auf dem Bildschirm vor den Augen: Fließbänder mit Flaschen laufen, Glas klirrt hell. Hier können bis zu 24.000 Flaschen in der Stunde abgefüllt werden, erläutert die Stimme aus dem Kopfhörer. Und in der Lagerhalle für Leergut finden 1,2 Millionen Bierflaschen Platz. Zurück in die reale Welt. Zum Abschluss gibt es eine kleine Bierprobe – ganz analog.
Seit Kurzem wird neben der Brauereiführung noch eine zweite VR-Tour angeboten. Sie führt durch die Alte Klosterapotheke.