Wer durch die Pforte tritt, landet mitten in der Vergangenheit und begibt sich auf eine Zeitreise in die Welt der Klostermedizin, der Heilpflanzen, Elixiere und der Geschichten, die sich um sie ranken. Die „Alte Apotheke“ gegenüber der Wallfahrtskirche in Andechs stand lange Zeit leer. Jetzt wurde sie wiedereröffnet: Besucher erleben in dem kleinen Museum die klösterliche Heilkunst vergangener Jahrhunderte – real und virtuell.
„Wallfahrt und Medizin gehörten hier immer zusammen“, sagt Abt Johannes Eckert. Der Benediktiner steht dem Kloster Andechs vor und hat die Ausstellung „Wissen, Wunder, Wirkung“ gemeinsam mit dem Kölner Unternehmen Time Ride eröffnet. Die Alte Apotheke wurde 1767 über der Klosterbrauerei errichtet, um das Gebäude im Klosterberg vor Regenwasser zu schützen, erzählt der Abt. Später war das Pfarrbüro dort untergebracht, „ich war selbst hier als Kaplan“, erinnert sich Abt Eckert. Nachdem das Pfarrbüro in den Ort gezogen ist, stellte sich die Frage, „wie kann man die ursprüngliche Intention des Gebäudes zum Strahlen bringen“, berichtet er. Nachdem die Klosterapotheke ganz im Stil der alten Zeit eingerichtet wurde, ist sie als Museum wieder zugänglich. Original sind die Deckenfresken, die biblische Geschichten von Heilung und Barmherzigkeit zeigen. Die Regale und Vitrinen sind mit historischem Inventar gefüllt, sie stammen allerdings nicht aus der früheren Klosterapotheke. Das Originalinventar sei bei der Säkularisation abtransportiert worden.
Im Offizin, der Werkstätte, steht ein Rezepturtisch mit Waage, Mörser und anderen Instrumenten. Alles wirkt, als wäre der letzte Apotheker-Mönch nur kurz aus dem Raum gegangen. Und in gewisser Weise ist er das auch: Ein Porträt des Mönchs Heinrich Breitenacher hängt an der Wand. Er beginnt dank KI-Technik plötzlich zu sprechen. Die digital animierte Figur erzählt von Wundermitteln wie Einhornpulver, von der Kraft der Kräuter und von Heilmethoden, bei denen Glaube und Medizin Hand in Hand gingen. Im Laboratorium zeigt eine alte Handschrift die damals verbreitete Vier-Säfte-Lehre: Gesundheit galt als Gleichgewicht von Blut, Schleim sowie gelber und schwarzer Galle. Bei Ungleichgewicht halfen Aderlass, Kräutertees oder in Andechs der Glaube. Wer besonders fromm war, verschluckte schon mal ein Andachtsbildchen eines Heiligen, denn Spiritualität und Medizin waren eng miteinander verbunden.
Zum Abschluss der Führung nehmen die Besucher auf roten Samtstühlen Platz. Mit Virtual-Reality-Brille reisen sie zurück in die Welt der historischen Medizin. In einer Szene sieht man einen Krankensaal mit Betten, in denen Kranke liegen, man sieht Menschen zum Kloster pilgern und eine Vielzahl an alten Heilmethoden.
„Wissen, Wunder, Wirkung“ ist dienstags bis sonntags (ab Juli täglich) von 10 bis 18 Uhr geöffnet.