Jeder Deutsche isst im Jahr 20 Kilo frisches Obst plus zehn Kilo in verarbeiteten Produkten. Am beliebtesten ist der Apfel, 23,5 Kilo an Äpfeln essen wir jährlich.
Doch über vier Millionen Deutsche müssen auf diesen Verzehr verzichten, weil sie auf Äpfel allergisch reagieren. Professor Wilfried Schwab von der TU München (TUM) stellte zwei neue Apfelsorten vor, die perfekt für Apfel-Allergiker geeignet sein sollen und im Herbst in den Handel kommen.
Vollbesetzt war der Lindenkeller bei Schwabs Vortrag, seit 2003 ist er an der TUM, wo er heute die Professur für Biotechnologie der Naturstoffe innehat. „Wer eine Apfelallergie hat, kann die meisten Apfelsorten nicht roh genießen und reagiert mit verschiedenen Beschwerden, vor allem Juckreiz oder Brennen auf der Zunge, im Mund und im Rachen. Aber auch geschwollene Schleimhäute und Lippen sind typisch. Besonders die gängigen Supermarktsorten machen Betroffenen das Leben schwer“, sagte Schwab. Fast immer gibt es dabei eine sogenannte Kreuzallergie: Wer allergisch ist auf Äpfel, der ist ebenfalls allergisch auf Birkenpollen und reagiert mit Heuschnupfen, also juckenden Augen und laufender Nase.
„Äpfel enthalten mehrere Proteine, die für die meisten völlig harmlos sind, bei den Allergikern aber schon wenige Minuten nach dem Verzehr allergische Symptome im Mundraum auslösen können. Das ist eine Abwehrreaktion des Körpers auf eine Lebensmittelunverträglichkeit.“ Wie allergen ein Apfel ist, hänge laut Schwab von mehreren Faktoren ab. „Dazu gehören die Sorte, die Umstände des Anbaus, die Reifung und auch die Lagerbedingungen nach der Ernte.“
Doch nun gibt es Hoffnung für Apfel-Freunde, die die Früchte nicht vertragen: Wissenschaftler haben im Jahr 2016 begonnen, an Äpfeln zu forschen und solche mit äußerst geringem Allergengehalt identifiziert – sie entstanden durch klassische Züchtung.
Seit dem Jahr 2022 hat man sich auf zwei neue Sorten festgelegt, die zwar nicht komplett allergenfrei sind, aber sehr gut verträglich. Seit drei Jahren werden die beiden Sorten – die noch keinen offiziellen Namen haben, außer ZIN 168 und ZIN 186 – intensiv getestet und auch schon angebaut. Sie sollen im Herbst auf den Markt kommen. Dahinter steht ein mehrjähriges Forschungsprojekt als Kooperation der Hochschule Osnabrück, der TUM mit der Charité in Berlin, wo die Allergietests durchgeführt wurden und der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN). Bei der ZIN sind 180 Apfelbetriebe vereinigt, sie übernahmen die Züchtung: Aus mehreren bekannten Sorten wählten sie „Eltern“-Kandidaten mit gutem Aussehen, gutem Geschmack und gutem Ertrag aus - unabhängig von ihrer Allergenität. Forschende der TUM untersuchten den Allergengehalt, die Apfelsorten mit einem niedrigen Wert wurden anschließend an der Charité in Berlin in einer klinischen Studie an Allergikern getestet. „Am Ende blieben schließlich zwei knackige, saftige Apfelsorten übrig, die während der dreijährigen Studie keine Allergiesymptome ausgelöst haben.
Die beiden Sorten ZIN 168 und ZIN 186 sind die europaweit ersten offiziell allergiefreundlichen Apfelsorten, ausgezeichnet mit dem Siegel der Europäischen Stiftung für Allergieforschung“, sagte Schwab. Es wurden bereits 200.000 Bäume der neuen Apfelsorten gepflanzt, „man erwartet im ersten Jahr über 400 Tonnen Ertrag.“