Ein aktuelles Interview des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter mit der Abendzeitung rückt das sportpolitische Thema eines Ausbaues des Grünwalder Stadions wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das Stadtoberhaupt fordert darin vom TSV 1860 München erneut ein Bekenntnis, wie es in der Stadionfrage für den Klub weitergehen soll. Die Stadt, so Reiters Angebot, würde das städtische Stadion im Rahmen von ohnehin anstehenden Sanierungsarbeiten in den kommenden Jahren zweitligatauglich ausbauen, aber nur, wenn die Löwen sich im Gegenzug auch zu einem längerfristigen Verbleib am Standort Giesing verpflichten.
Beim TSV 1860 München hingegen vermisst man verlässliche Angaben darüber, welche künftigen Nutzungs- und wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten sich für die Profi-Fußballgesellschaft aus dem von der Stadt geplanten Umbau ergeben und wie hoch die künftige Miete sein soll, wie Präsident Robert Reisinger im Oktober erklärte, nachdem Reiter auf dem Oktoberfest Pressevertretern eine ähnliche Forderung in die Blöcke diktiert hatte. Ohne diese Angaben sei die geforderte Bindung für den Klub schwierig. Mit einem offenen Brief wenden sich nun die 1860-Fanbündnisse „Freunde des Sechzger Stadions”, „PRO1860” und „Sechzig im Sechzger” sowohl an die Stadtspitze als auch an die Präsidiumsvertreter und an Dr. Christian Werner den Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA. Sie beklagen die „Never-Ending-Story” rund um das Grünwalder Stadion und fordern alle Parteien dazu auf, transparenter mit dem Thema umzugehen.
Der fiskalische Spielraum der Stadt München ist gering. Quer durch alle Bereiche wurde für das kommende Jahr der Rotstift angesetzt. 243 Millionen Euro mussten die städtischen Referate von ihren ursprünglichen Planungen für den Haushalt 2025 zurücknehmen. Manch einer vermutet hinter Reiters öffentlichem Vorpreschen deshalb auch den Versuch, ein Wahlversprechen der SPD aus dem Jahr 2020 loszuwerden. (as)
Genug der Worte: Bringt die Fakten endlich auf den Tisch!
Offener Brief an Stadt und Verein zum Thema Sechzgerstadion
Sehr geehrter Herr Reiter, liebe Stadtspitze,
Servus Robert, liebes Präsidium des TSV München von 1860 e.V.,
Hallo Herr Werner, an die TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA,
Sechzig und das Sechzgerstadion. Eine Never-Ending-Story. Nach Jahren des quälenden Stillstands sowohl auf Seiten der Stadt als auch des TSV 1860 München nehmen wir Fans diese aussichtslose Situation nicht länger hin und verlangen Klarheit sowie Transparenz von den handelnden Personen und Gremien. Nicht morgen, nicht übermorgen, sondern jetzt.
Das neueste Ultimatum von Oberbürgermeister Dieter Reiter in Richtung der Münchner Löwen veranlasst uns, folgende Worte an die Landeshauptstadt München und den TSV 1860 München zu richten:
Seit der Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie des Architekturbüros Albert Speer und Partner im Jahre 2019 hat sich an der Situation des Sechzgerstadions nichts Wesentliches verändert. Stadt und Verein schieben sich munter den Schwarzen Peter hin und her, allen Gesprächen, Initiativen und Bemühungen seitens uns, den Fans des TSV 1860 München, zu Trotz.
Diesen Umstand können und wollen wir nicht länger hinnehmen. Dass diese Thematik nun mit Blick auf die Kommunalwahl im Frühjahr 2026 von der Stadt auf Kosten einer nachhaltigen und zufriedenstellenden Lösung auf dem Rücken von Fans und Wähler_innen schnellstmöglich abgeräumt werden soll, sehen wir vor dem Hintergrund folgender Punkte mehr als kritisch:
1. Bis heute erfolgte, trotz Ankündigung, keine transparente und nachvollziehbare Darlegung der Gründe, weswegen eine Kapazität von ca. 18.000 Plätzen der Weisheit letzter Schluss sein sollte.
2. Bis heute erscheint unklar, wie lange und zu welchen Konditionen sich der TSV 1860 München an ein umgebautes Sechzgerstadion zu binden hat (seitens der Stadt war bisher immer von einer „marktüblichen” Miete die Rede. Wir fragen uns z.B. welchen Einfluss die genannte Baupreisentwicklung auf die endgültigen Mietkonditionen haben soll).
3. Bis heute wurde nicht klar kommuniziert, in welcher Form das von der Stadt geforderte Signal des TSV 1860 München zur Realisierung des Projekts zu erfolgen hat.
4. Bis heute wurde keine Ausstiegsklausel bzw. Möglichkeit der Mietvertragsmodifizierung in Aussicht gestellt für den Fall, dass das Stadion während der Laufzeit des Mietvertrags die Mindestanforderungen des zuständigen Verbandes nicht erfüllt.
5. Bis heute wurde nicht anschaulich erklärt, weswegen in den Überlegungen der Stadt die Erstligatauglichkeit eines umgebauten Sechzgerstadions keine Rolle spielt.
6. Bis heute wurde nicht transparent dargelegt, weswegen eine kurzfristige Verbesserung des Status Quo (Erhöhung der Kapazität, Entfernung von sichteinschränkenden Zäunen, adäquate Rollstuhlfahrerplätze, Installation einer Videowand, etc.) einem späteren „größeren” Umbau im Wege stehen soll.
In Summe machen diese offenen Punkte eine objektive Meinungsbildung in Fankreisen und das geforderte Commitment durch den TSV 1860 München schwer möglich. Der oft kolportierte „intensive Austausch” zwischen beiden Parteien ist wertlos, solange nach außen Intransparenz bezüglich der Handlungsoptionen besteht. Die zweifellos mangelnde Kontinuität auf dem Geschäftsführerposten spielt vor diesem Hintergrund eine eher nachgelagerte Rolle.
Nach Schaffung der geforderten Transparenz ist dann der TSV 1860 München aufgefordert, den langfristigen Verbleib am Standort Giesing zu forcieren.
Abschließend betonen wir unser Unverständnis darüber, dass die Gründung einer Stadionbetriebsgesellschaft weder von der Stadt noch vom TSV 1860 München ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Die Städte Bochum und Kiel haben beispielsweise erst kürzlich solche Betreibergesellschaften für ihre Stadien gegründet, in anderen Städten gibt es sie schon seit Jahren.
Es ist an der Zeit, dass professionelle Strukturen diesen Stillstand angehen und eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung auf den Weg bringen. So wie es bisher gelaufen ist, kann und darf es nicht weitergehen. Bringt die Fakten endlich auf den Tisch! Wir Fans, Wähler_innen, Bürger_innen und Steuerzahler_innen haben es verdient!
Freunde des Sechz'ger Stadions e.V. Pro1860 e.V.
Sechzig im Sechzger
Namentlich, die 1. Vorsitzenden
Martin Scherbel und Alexander Zeilhofer