Immer wieder schüttet der ältere Herr geschrotete Körner in die Futtertraufen der Kühe, daneben reicht eine Seniorin Heubüschel an die Tiere, wieder eine andere streicht über das braune Fell. Senioren, an Demenz Erkrankte und deren Angehörige haben vor kurzem einen Nachmittag auf dem „Auszeithof” der Familie Berchtold in Unering (Gemeinde Seefeld) verbracht. Dazu hatte das Landratsamt Starnberg mit dem Arbeitskreis der demenzfreundlichen Kommune im Rahmen der Bayerischen Demenzwoche eingeladen.
Ein paar schöne Stunden, in denen nur das Erleben und der Augenblick zählen, das komme im Alltag viel zu kurz, sagte Landrat Stefan Frey, der sich der Gruppe angeschlossen hatte. Im Landkreis Starnberg gibt es zwei „Auszeithöfe“. Neben dem Erlebnisbauernhof in Unering, den Würmseefelder Hof der Familie Ortner in Andechs-Machtlfing. Der Bayerische Demenzfonds übernimmt die Kosten für jeweils eine Besuchergruppe im Monat.
Schorsch und Brigitte Berchtold haben bereits in der Scheune für die Gäste gedeckt. Diese stärken sich erstmal mit Kaffee und Kuchen, bevor es dann zu den Tieren geht.
In den Käfigen warten die Meerschweinchen und Kaninchen schon auf die Streicheleinheiten, die es gleich geben wird. Wer möchte, bekommt eines der niedlichen Kleintiere auf den Schoß gesetzt. Liebevoll werden die Fellknäuel gestreichelt und gefüttert. Begierig knabbern sie an den Salatblättern und an den Gemüsestücken. Bettina Hartwanger von der Fachstelle für Senioren im Landratsamt passt mit anderen Helfern auf, dass die Tiere nicht weghoppeln oder ausbüxen.
In einer Scheune stehen alte Traktoren. „Der älteste stammt aus den 1940er Jahren“, berichtet die Bäuerin. Vorbei an den Schafen geht es dann zum Hühnerhof. Die Hennen wissen schon, dass es gleich Leckerbissen in Form von frischen Körnern gibt. Begierig picken sie das Getreide auf. Währenddessen lockt Brigitte Berchtold ihre 20 Kühe von der Weide. Neugierig trotten sie in den Stall. Es lohnt sich. Ein Heubüschel nach dem anderen wird ihnen vor die Nase gehalten.
Zum Abschluss können sich die Besucher mit Infomaterial eindecken.
Mehr als 270.000 Menschen mit Demenz leben in Bayern, in fünf Jahren sollen es laut Gesundheitsministerin Judith Gerlach schon 300.000 sein. Über drei Viertel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt – von Angehörigen, die oft an die Grenzen kommen. Ihnen bringen solche Nachmittage auf dem Hof Abwechslung, ein Stück Normalität, das Gefühl, nicht allein zu sein. Denn Demenz betrifft nie nur den Erkrankten. Sie verändert das Leben der Familien, stellt sie auf die Probe, verlangt Kraft, Geduld und das Aushalten von Veränderungen.