„Als ich einmal auf Lesbos jagte, begegnete mir etwas so Schönes, daß ich mich eines Schöneren nicht entsinnen konnte.” Ein gewisser Longus begann im antiken Hellas mit diesen Worten seine Geschichte über „Daphnis und Chloe”. Kaum mochte er ahnen, dass über 1.800 Jahre später Menschen auf der Jagd nach Schönem dieses gleichwohl unerwartet wie häufig in Bücherschränken finden.
Longus erzählt die Geschichte der Findelkinder Daphnis und Chloe, die bei Hirten auf Lesbos aufwachsen, getrennt werden, wieder zueinander finden, sich lieben, heiraten und bis ans Ende ihrer vielen Tage zusammen glücklich sind. Die abenteuerliche Liebesgeschichte gilt als einer der ältesten heute noch erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte. Goethe sagte einmal, er habe sie oft gelesen und bewundert: Das antike Werk zeige „Verstand, Kunst und Geschmack auf ihrem höchsten Gipfel”.
Die Ausgabe im Bücherschrank Thalkirchen ist ein echter kleiner Schatz, abgegriffen, aber recht gut erhalten. Für den Druck 1949 in Leipzig musste eine Lizenz der Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) eingeholt werden: Die SMAD war nach dem Zweiten Weltkrieg sozusagen die Regierung in der sowjetischen Besatzungszone. Das Büchlein ist damit älter als die DDR.
Während manche Menschendinge kaum 40 Jahre bestehen, bleiben andere auf Ewigkeiten kaum verändert: „Denn gegen den Eros hilft kein Mittel, nicht was getrunken, nicht was eingenommen, nicht was in Zauberliedern ausgesprochen wird”, beobachtete ein augenzwinkernder Longus, „keines als Kuss und Umarmung und Zusammenliegen mit nackten Leibern.”
Bücher verbinden uns mit Menschen längst vergessener Generationen.
Wir stellen vier Bücher vor, die wir im Bücherschrank Thalkirchen gefunden haben. Das sind die anderen drei aus unserem Quartett:
Der Bücherschrank Thalkirchen steht direkt auf dem Thalkirchner Platz nah am „Tierpark-Ausgang” der U3. Wenn man vor dem Maibaum steht, ist man fast schon da.