Veröffentlicht am 10.06.2025 09:32

Bücher bringen uns mit Menschen längst vergessener Generationen zusammen


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
Einer der ältesten erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte: Die Longus-Ausgabe von 1949 im Bücherschrank Thalkirchen. (Foto: job)
Einer der ältesten erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte: Die Longus-Ausgabe von 1949 im Bücherschrank Thalkirchen. (Foto: job)
Einer der ältesten erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte: Die Longus-Ausgabe von 1949 im Bücherschrank Thalkirchen. (Foto: job)
Einer der ältesten erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte: Die Longus-Ausgabe von 1949 im Bücherschrank Thalkirchen. (Foto: job)
Einer der ältesten erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte: Die Longus-Ausgabe von 1949 im Bücherschrank Thalkirchen. (Foto: job)

„Als ich einmal auf Lesbos jagte, begegnete mir etwas so Schönes, daß ich mich eines Schöneren nicht entsinnen konnte.” Ein gewisser Longus begann im antiken Hellas mit diesen Worten seine Geschichte über „Daphnis und Chloe”. Kaum mochte er ahnen, dass über 1.800 Jahre später Menschen auf der Jagd nach Schönem dieses gleichwohl unerwartet wie häufig in Bücherschränken finden.

Gipfelbuch

Longus erzählt die Geschichte der Findelkinder Daphnis und Chloe, die bei Hirten auf Lesbos aufwachsen, getrennt werden, wieder zueinander finden, sich lieben, heiraten und bis ans Ende ihrer vielen Tage zusammen glücklich sind. Die abenteuerliche Liebesgeschichte gilt als einer der ältesten heute noch erhaltenen Romane der Menschheitsgeschichte. Goethe sagte einmal, er habe sie oft gelesen und bewundert: Das antike Werk zeige „Verstand, Kunst und Geschmack auf ihrem höchsten Gipfel”.

Menschendinge

Die Ausgabe im Bücherschrank Thalkirchen ist ein echter kleiner Schatz, abgegriffen, aber recht gut erhalten. Für den Druck 1949 in Leipzig musste eine Lizenz der Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) eingeholt werden: Die SMAD war nach dem Zweiten Weltkrieg sozusagen die Regierung in der sowjetischen Besatzungszone. Das Büchlein ist damit älter als die DDR.
Während manche Menschendinge kaum 40 Jahre bestehen, bleiben andere auf Ewigkeiten kaum verändert: „Denn gegen den Eros hilft kein Mittel, nicht was getrunken, nicht was eingenommen, nicht was in Zauberliedern ausgesprochen wird”, beobachtete ein augenzwinkernder Longus, „keines als Kuss und Umarmung und Zusammenliegen mit nackten Leibern.”

Bücher verbinden uns mit Menschen längst vergessener Generationen.

Die anderen drei

Wir stellen vier Bücher vor, die wir im Bücherschrank Thalkirchen gefunden haben. Das sind die anderen drei aus unserem Quartett:

  • Ein grenzüberschreitender Klassiker aus den 70er Jahren:
    Raymond A. Moody: „Leben nach dem Tod”. 150 Menschen, die einmal im medizinischen Sinn gestorben waren und doch überlebt haben, berichten.

  • Ein Geschichts- und Heimatbuch mal anders:
    Henric L. Wuermeling: „Die Sendlinger Mordweihnacht”. Der Träger des Bayerischen Fernsehpreises erzählt die Geschichte der „ersten europäischen Revolution”.

  • Ein Ratgeber für's Nicht-perfekt-sein-Müssen:
    Julia Heilmann und Thomas Lindemann: „Alle Eltern können schlafen lernen”. Erziehungsweisheiten auf den Kopf gestellt.

Wo steht er?

Der Bücherschrank Thalkirchen steht direkt auf dem Thalkirchner Platz nah am „Tierpark-Ausgang” der U3. Wenn man vor dem Maibaum steht, ist man fast schon da.

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