Vor 50 Jahren legte der „Club of Rome” mit seinem Bericht „Die Grenzen des Wachstums” eine düstere Prognose für die Zukunft des Planeten vor: Er wies auf die zur Neige gehenden Ressourcen und die nicht ernst genommene Umweltzerstörung als existentielle Bedrohung für die Menschheit hin. Ganz anders blickte in jenen Jahren Ulrich Schippke nach vorn: In seinem Band „Sieben Weltwunder von morgen” malt er sich eine Welt aus, die anno 2000 in einem „Goldenen Zeitalter” schwelgt. Grund für seinen überbordenden Optimismus: mal wieder die Technik.
Wie stellt sich Schippke 1971 die Welt der „Millennials” vor? Es gibt keine Viehherden mehr, denn auf den Tisch kommen synthetische Lebensmittel. Man lebt in „Wohnmaschinen” mit hundertstöckigen Türmen. Und natürlich hat man dank implantierter Chemiekapseln alle Infektionskrankheiten besiegt und ist als Hundertjährige(r) so fit wie mit 30. Aber „Mikroben statt Schweineschnitzel” klingt heute eher nach „igitt” als nach „mhm”; niemand würde Giganto-Wohnblocks heute noch als „vernünftigste Stadt der Welt” bejubeln - und bei den Infektionen hat uns Corona richtig vorgeführt.
Immer wieder lernen wir aufs Neue die schmerzhafte Lektion, dass längst nicht alles Machbare gemacht wird und dass das eine oder andere Unsinkbare gelegentlich doch untergeht. Wir gaukeln uns vor, Zukunft sei eine ständig besser werdende Gegenwart (das ist genauso ignorant wie das Liebäugeln mit einer „guten alten” Zeit) und nehmen daher kaum wahr, wie leicht wir Erreichtes wieder verlieren.
Wir wir uns die Zukunft vorstellen, beweist, dass zu wenige von uns wirklich über den Tellerrand blicken können. Unsere Prognosen schreiben stets nur das fort, was wir schon kennen, glauben, meinen. Mehr Einfluss auf unser Sein und Tun hat aber meist das, was wir noch nicht kennen; was unerwartet in unser Leben tritt. Internet, GPS und KI hat Schippke selbstredend gar nicht auf dem Schirm. Wie auch? Die echten „Wunder” - dass wir kein Amalgam mehr in den Zähnen haben, bei zwischenmenschlichen Problemen „Chatti” um Rat fragen und dank Durchdrücklasche ohne zu kleckern aus Dosen trinken können - sind 1971 kaum vorstellbar.
Dass die entscheidenden Dinge meist unvorhersehbar sind, ist Fluch und Segen zugleich. Es bedeutet, dass wir uns wappnen müssen - aber auch, dass wir Gestaltungsmöglichkeiten haben. „Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen”, meinte vor über 2.400 Jahren der griechische Staatsmann Perikles, „sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein.” Genau das tat der Fuchs, weshalb manche ihm das „Goldene Zeitalter” des antiken Athens zuschreiben. Aber seien Sie vorsichtig: Wer (Perikles, Schippke oder wer auch immer) Ihnen ein „Goldenes Zeitalter” verspricht, dem sollten Sie zutiefst misstrauen!
Bücher befeuern Träume - auch wenn's nur Schäume sind.
Wir stellen vier Bücher vor, die wir im Bücherschrank Neuperlach gefunden haben. Das sind die anderen drei aus unserem Quartett:
Den blaue Bücherschrank Neuperlach steht auf dem Gelände der Evangelisch-Lutherischen Lätare-Gemeinde an der Quiddestraße 15. „Laetare” ist lateinisch und heißt „freu dich!”