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30 Jahre ConJob: Mehr als ein Recyclingbetrieb


Von Benjamin Schuldt
ConJob hat sich auf das Recycling von Elektroschrott spezialisiert - und beschäftigt hauptsächlich Menschen, die zuvor langzeitarbeitslos waren. (Foto: bas)
ConJob hat sich auf das Recycling von Elektroschrott spezialisiert - und beschäftigt hauptsächlich Menschen, die zuvor langzeitarbeitslos waren. (Foto: bas)
ConJob hat sich auf das Recycling von Elektroschrott spezialisiert - und beschäftigt hauptsächlich Menschen, die zuvor langzeitarbeitslos waren. (Foto: bas)
ConJob hat sich auf das Recycling von Elektroschrott spezialisiert - und beschäftigt hauptsächlich Menschen, die zuvor langzeitarbeitslos waren. (Foto: bas)
ConJob hat sich auf das Recycling von Elektroschrott spezialisiert - und beschäftigt hauptsächlich Menschen, die zuvor langzeitarbeitslos waren. (Foto: bas)

Wer in München ausgediente Elektrogeräte auf dem Wertstoffhof abgibt, tut etwas Gutes - und das gleich im doppelten Sinne. Zum einen werden die Stoffe und Bauteile wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt. Zum anderen landet etwa die Hälfte der Geräte bei ConJob, einem Betrieb, der Menschen beschäftigt, die auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Chance mehr bekommen haben.

50 Prozent des in München sachgemäß entsorgten Elektroschrotts wird zu einer Fabrikhalle in der Waldmeisterstraße geschafft. Hier, im Gewerbegebiet der Lerchenau, sitzt ConJob, ein sozialer Beschäftigungsbetrieb von Condrobs, der sich auf das Recycling von Elektronikmüll spezialisiert hat. Der gemeinnützige Verein Condrobs, der 1971 als Selbsthilfe-Initiative von Eltern drogenabhängiger Kinder in München gegründet wurde, ist vor allem für seine Angebote in Suchtberatung und Suchthilfe bekannt. Doch Condrobs bietet weit mehr: So leistet ConJob einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung und gesellschaftlicher Integration von Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

Die Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit sind vielfältig: Neben gesundheitlichen Einschränkungen und Suchtkrankheiten gelten auch fehlende Bildungsabschlüsse, Sprachdefizite sowie generell ein Alter von über 50 Jahren als sogenannte „Vermittlungshemmnisse”. Je mehr dieser Merkmale ein Erwerbstätiger aufweist, desto geringer sind die Chancen auf dem „Ersten Arbeitsmarkt”, sprich: auf Arbeitsverhältnisse in der freien Wirtschaft, ohne staatliche Unterstützung oder spezielle Fördermaßnahmen. Hier kommt der „Dritte Arbeitsmarkt” ins Spiel, zu dem auch ConJob zählt: Längerfristig geförderte Arbeitsgelegenheiten sollen die Menschen in das Beschäftigungssystem zurückholen.

35.000 Tonnen Elektronikschrott

In diesem Jahr feiert ConJob sein 30-jähriges Jubiläum. Gegründet 1995 als Projekt für beschäftigungsfördernde Maßnahmen, hat sich die Einrichtung zu einem wichtigen Baustein der Münchner Soziallandschaft entwickelt - und ist als zertifizierter Fachbetrieb für Elektroschrottrecycling auch ökologisch und ökonomisch von großer Bedeutung. „Wir betreiben Kreislaufwirtschaft im doppelten Sinne”, betont Stefan Brandhuber, der Betriebsleiter von ConJob: „In 30 Jahren haben wir rund 35.000 Tonnen Elektroschrott recycelt. Wir eröffnen aber auch Menschen neue Perspektiven.”

Ungefähr 100 Personen kann der Betrieb in der Lerchenau aktuell beschäftigen. 52 Plätze davon sind AGHs (Arbeitsgelegenheiten), also durch das Jobcenter geförderte Tätigkeiten. Die Beschäftigten erhalten sozialpädagogische Begleitung. Prinzipiell stehen die Arbeitsplätze jedem offen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Geschlecht. Da das Recyceln von Elektroschrott eine gewisse Affinität zu Technik voraussetzt, arbeiten bei ConJob aber deutlich mehr Männer als Frauen.

„Wie ein Sechser im Lotto”

Einer davon ist Helmut, der seit fast 15 Jahren bei ConJob tätig ist. Der 59-Jährige war in jüngeren Jahren Reifenmonteur - ein Job, den er mit Leidenschaft ausübte, obwohl er körperlich extrem anstrengend war. Doch gleich zwei Firmen, in denen Helmut angestellt war, gingen in die Insolvenz. Mehrmals war er über mehrere Jahre arbeitslos - und irgendwann machte der Körper nicht mehr mit. Nach mehreren Operationen an Knien und Schulter galt Helmut auf dem Ersten Arbeitsmarkt als kaum vermittelbar. Über eine AGH-Maßnahme kam er schließlich zu ConJob, wo er sich „hochgearbeitet” hat, wie der 59-Jährige stolz berichtet: „ConJob ist für mich wie ein Sechser im Lotto! Ich arbeite gerne hier, finanziell geht es mir gut.”

Helmuts Kollege Michael ist seit zehn Jahren bei ConJob, zuvor hatte er Erwerbsminderungsrente erhalten. Jetzt macht Michael eine Ausbildung zur Fachkraft für Büromanagement - und das im Alter von 45 Jahren. „Ich hätte früher nicht damit gerechnet, eine Ausbildung zu machen”, berichtet Michael: „Es läuft sehr gut. ConJob ist wie eine zweite Familie für mich.” Helmut und Michael erfüllen beide das Credo von ConJob: Durch sinnvolle Beschäftigung und eine verlässliche Tagesstruktur entstehen für die Mitarbeitenden, die oft mit psychischen Belastungen und/oder Suchterkrankungen zu kämpfen haben, neue Lebenswege. Der Umgang mit technischen Geräten soll zudem handwerkliche Fertigkeiten vermitteln, Erfolgserlebnisse schaffen und so das Selbstwertgefühl stärken.

Von der Zahnbürste bis zum Fernsehgerät

Die Arbeit wird an der Waldmeisterstraße nicht ausgehen, schließlich werden in München pro Einwohner jährlich etwa vier Kilo Elektroschrott bei den Wertstoffhöfen abgegeben. Der Inhalt der angelieferten Container - von Zahnbürsten über elektronisches Kinderspielzeug bis zu Fernsehern und Computern - wird bei ConJob zunächst gesichtet und sortiert. Die ausrangierten Geräte werden nicht einfach entsorgt, sondern zunächst geprüft und gegebenenfalls repariert und aufbereitet. Noch funktionsfähige Geräte werden dann im Gebrauchtwarenkaufhaus der Stadt München (Halle 2) sowie über Internetportale weiterverkauft.

Ist eine Wiederverwendung nicht mehr möglich, muss der Elektroschrott fachgerecht zerlegt werden, damit die enthaltenen Materialien wiederverwertet werden können. So bleiben die Stoffe dem Wirtschaftskreislauf erhalten und belasten die Umwelt nicht. Vor allem bei modernster Technik wie TV-Geräten oder Computern sind die einzelnen Arbeitsschritte im Recyclingbetrieb höchst anspruchsvoll und erfordern viel Konzentration. Und aufgrund der Menschen, die sie ausführen, sind sie nicht zuletzt im doppelten Sinne nachhaltig.

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