Schon viele Jahre fordert der Tierschutzverein München ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz, um misshandelten Geschöpfen vor Gericht eine Stimme zu geben. „Damit hätten wir auch der Magyar-Vizsla-Hündin Bella helfen können, deren Fall in München hohe Wellen schlug”, heißt es. Bella wäre beinahe verhungert, weil ihre Halterin sie absichtlich zu wenig gefüttert hatte. Nur mithilfe des Veterinäramtes und zahlreicher, auch prominenter FürsprecherInnen sei es gelungen, eine Rückgabe der gequälten Hündin zu verhindern und sie in gute Hände zu vermitteln. Gäbe es in Bayern das Verbandsklagerecht im Tierschutz, hätten der Tierschutzverein Bella selbst vor Gericht vertreten können.
Ein Verbandsklagerecht erlaubt es offiziell anerkannten Tierschutzorganisationen, Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vor Gericht zu bringen. Eine solche kollektive Klagebefugnis gibt Tieren eine Stimme, die sie selbst nicht erheben können. Es geht dabei nicht um ideologische Machtkämpfe, sondern um effektiven Schutz von Lebewesen, die keine Stimme im Rechtssystem haben. Das Tierschutzrecht ist Teil des Verwaltungsrechtes. Hier gilt: Nur wer in seinen eigenen Rechten verletzt wird, darf klagen. TiernutzerInnen (etwa in der Massentierhaltung) können also ihnen gemachte Auflagen vor Gericht prüfen lassen, Tierschutzvereine dagegen sind machtlos, weil sie nicht direkt betroffen sind, sondern „nur“ die Tiere. Den Vereinen bleibt bisher nur der Gang zu Polizei und Staatsanwaltschaft, wo die Ermittlungen oft eingestellt werden, weil sie nur für Straftaten mit Vorsatz oder Fährlässigkeit zuständig sind, die bei Tierschutzverstößen meist nicht vorliegen.
Bisher gibt es das Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein. Gegen die Einführung eines Verbandsklagerechts im Tierschutz formiere sich in Bayern Widerstand vor allem aus den Reihen konservativer Parteien und Teilen der Agrarlobby, so der Tierschutzverein. KritikerInnen argumentierten, dass zusätzliche Klagebefugnisse zu einer Flut von Verfahren führen und landwirtschaftliche Betriebe unverhältnismäßig belasten könnten. In keinem der Bundesländer mit Klagerecht sei aber bisher eine signifikante Zunahme von Verfahren verzeichnet worden. „Hier wird deutlich, dass sich vor allem Unternehmer und Betriebe, die mit der Ausbeutung von Tieren in der Massentierhaltung ihr Geld verdienen, sich gegen die tierschutzrechtliche Verbandsklage stemmen, da sie fürchten, gängige tierquälerische Praktiken könnten auf diesem Wege abgeschafft werden”, so der Tierschutzverein.
„Für uns als TierschützerInnen ist klar: Tiere haben bisher keine Lobby im Gerichtssaal. Wir müssen diese Rolle übernehmen. Nur so können wir bei schweren Misshandlungen eingreifen und dafür sorgen, dass das Staatsziel ,Tierschutz' in Artikel 20a Grundgesetz für Bayerns Landwirte und Behörden nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt. In einer Gesellschaft, die sich als tierfreundlich bezeichnet, darf es keinen Ort der Straflosigkeit für das Leid von Millionen fühlender Geschöpfe geben. Deshalb sagen wir: Bayern, steh auf, es wird Zeit für ein Verbandsklagerecht im Tierschutz, das Tiere schützt, nicht Verfahren!”