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Veröffentlicht am 25.08.2025 10:59

Spätistreit im Univiertel: Stadt greift ein und rudert wieder zurück

Bereits am frühen Abend und bis spät in die Nacht hinein wird vor den Kiosken im Univiertel alkoholreich und lautstark gefeiert. Vielen Anwohnern stinkt's und die Stadt hat darauf reagiert. (Foto: mha)
Bereits am frühen Abend und bis spät in die Nacht hinein wird vor den Kiosken im Univiertel alkoholreich und lautstark gefeiert. Vielen Anwohnern stinkt's und die Stadt hat darauf reagiert. (Foto: mha)
Bereits am frühen Abend und bis spät in die Nacht hinein wird vor den Kiosken im Univiertel alkoholreich und lautstark gefeiert. Vielen Anwohnern stinkt's und die Stadt hat darauf reagiert. (Foto: mha)
Bereits am frühen Abend und bis spät in die Nacht hinein wird vor den Kiosken im Univiertel alkoholreich und lautstark gefeiert. Vielen Anwohnern stinkt's und die Stadt hat darauf reagiert. (Foto: mha)
Bereits am frühen Abend und bis spät in die Nacht hinein wird vor den Kiosken im Univiertel alkoholreich und lautstark gefeiert. Vielen Anwohnern stinkt's und die Stadt hat darauf reagiert. (Foto: mha)

Im sogenannten Univiertel herrscht ein Konflikt zwischen Anwohnern, die sich belästigt fühlen, und Inhabern von Kiosken, die sich ihre Existenz mit dem Verkauf von alkoholischen Getränken an Nachtschwärmer sichern. Letztere konsumieren häufig die gekauften Artikel in Kiosknähe und verursachen dabei offensichtlich jede Menge Müll und Lärm zu später Stunde. Den Nachbarn stinkt das und sie haben sich beschwert. Die andere Seite will von dem Verzicht des Verkaufs von Bier zu später Stunde aus finanziellen Gründen nicht abrücken. Also tobt der Spätistreit, denn so werden im Volksmund diese Kioske genannt. Wer ihn schlichten soll, steht vor einem Dilemma. Wie soll man es einerseits den Anwohnern recht machen, andererseits die Ladenbesitzer nicht um ihren Verdienst bringen?

Eigentlich normale Läden...

Bei den verkauften Getränken handelt es sich, wohlgemerkt, um Bier in Flaschen. Ein Kiosk ist, so das KVR, ein normales Geschäft, ähnlich einem Supermarkt. Deshalb würde eigentlich auch der normale Ladenschluss ab 20 Uhr gelten. Doch haben die Besitzer eine „erlaubnisfreie Gaststätte” angemeldet, dann gilt für sie das Privileg, länger zu öffnen und auch Waren zum Genuss außerhalb der Räume zu verkaufen, etwa Flaschenbier, Zigaretten, Süßwaren und was man sonst noch so alles nach 20 Uhr für seine Abendgestaltung – nicht nur vor dem Fernseher – benötigt.

Kein Bier mehr nach 22 Uhr

Dem Ärger durch die damit lautstark und müllreich feiernden jungen Leute versuchte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) mit einigen Maßnahmen zu begegnen: Seit dem zweiten Augustwochenende galt im Univiertel für fünf bestimmte Kioske ein Verbot, nach 22 Uhr Flaschenbier zu verkaufen. Außerdem wurden die Betreiber auf die geltende Rechtslage hingewiesen, insbesondere um zu vermeiden, dass nach Ladenschluss illegal harter Alkohol verkauft wird. „Nur wenn die Situation vor Ort ein Einschreiten zwingend erfordert, wird mit verhältnismäßigen Maßnahmen reagiert” – darauf weist das KVR ausdrücklich hin und erklärt: „Im vorliegenden Fall war die Eindämmung des Verkaufs von Alkohol erforderlich, um den massiven, in zahlreichen Beschwerden sowie vom zuständigen Bezirksausschuss sowie einer Bürgerinitiative geschilderten Störungen entgegenzutreten.” Neben den Kiosken wurde auch einem konzessionierten Gaststättenbetrieb die Abgabe von Alkohol im To-go-Geschäft ab 22 Uhr untersagt, da dieser, wie das KVR berichtet, „nachweislich ebenfalls maßgeblich zu den Verhältnissen vor Ort beigetragen” habe.
Kontrollen am Wochenende, an dem die Maßnahme in Kraft getreten war, hätten – so das KVR – sehr eindrücklich gezeigt, dass diese gezielt zu einer Verminderung des Lärms, der Vermüllung und den weiteren mit Alkoholkonsum verbundenen Störungen beitrage.

Rasche Kehrtwende

Doch schon knapp zwei Wochen danach, am Dienstag, 19. August, kommt die Kehrtwende: Das Bier-Verkaufsverbot ab 22 Uhr wird bis auf Weiteres wieder außer Vollzug gesetzt. Dies teilte der Zweite Bürgermeister der Landeshauptstadt München, Dominik Krause, in einer Pressemeldung am Dienstag-Abend mit. Die Begründung: Man will die „Freiräume für junge Menschen” erhalten. „Junge Menschen sind besonders häufig von Armut betroffen, viele können sich Kneipen und Bars schlicht nicht leisten. Günstige Alternativen wie Kioske sind deshalb wichtig, um Gemeinschaft unabhängig vom Geldbeutel zu ermöglichen,” so Dominik Krause. Er fügt aber Folgendes hinzu: „Die Interessen der Anwohnenden sind vollkommen berechtigt und es ist inakzeptabel, wenn Bürgersteige mit Glasscherben übersät sind und Hinterhöfe und Hauseingänge als Toiletten missbraucht werden.” Das Gegenmittel nennt er auch gleich: „Um dies zu verhindern, habe ich das Baureferat gebeten, die Straßenreinigung häufiger in den betroffenen Straßenzügen einzusetzen.”

Betreiber werden in die Pflicht genommen

Und weiter: „Gleichzeitig stehen die Kiosk-Betreiber*innen in der Pflicht, für Ruhe – auch im weiteren Umgriff ihrer Kioske – zu sorgen, etwa durch den Einsatz von Silencern. Ich erwarte, dass die Verkäufer*innen hier Verantwortung übernehmen. Zusätzlich habe ich das Sozialreferat gebeten, das Allparteiliche Konfliktmanagement (AKIM) und die Moderation der Nacht (MoNa) nochmals verstärkt im Uni-Viertel einzusetzen, um erneut zu versuchen die Konflikte zu lösen und Maßnahmen zu erarbeiten, die ein gutes Miteinander sicherstellen. MoNa und AKIM waren seit vielen Wochen im intensiven Einsatz im Uni-Viertel. Dieser kommunikative Ansatz hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht die erhoffte Wirkung.”
Krause hofft nun, „dass wir im Sinne unseres Münchner Mottos ›Leben und leben lassen‹ eine gute Lösung finden, die allen gerecht wird. In München muss es möglich sein, die Interessen von Anwohner*innen zu wahren und gleichzeitig Freiräume für junge Menschen zu erhalten.”

Bürgermeister ruft zur Rücksichtnahme auf

Vorsorglich fügt er hinzu: „Sollte sich in den kommenden Wochen erweisen, dass ein gutes Miteinander nicht möglich ist und die nächtlichen Belästigungen anhalten, werden wir das Bier-Verkaufsverbot für Kioske ab 22 Uhr wieder vollziehen müssen. Deswegen mein Appell an die Feiernden vor Ort: Wenn jeder ein bisschen Rücksicht nimmt, gelingt ein gutes Miteinander.” Nun ist abzuwarten, ob dieser Aufruf auf offene Ohren stößt und auch die Früchte trägt, die von den Anwohnern so sehnlich erwünscht werden: Ruhe und Ordnung zu nachtschlafender Zeit.

Svenja Jarchow vom Bezirksausschuss Maxvorstadt hat durchaus Hoffnung, dass die Situation besser wird, denn sie sieht eine Bereitschaft der beiden Seiten aufeinander zuzugehen. Sie merkt jedoch an, dass im Moment Urlaubszeit und Semesterferien sind. Wie es nach Semesterbeginn und Rückkehr der Verreisten aussehen wird, ist eine andere Frage. Ein Lösungsansatz wäre ihrer Meinung nach, für eine räumliche Verteilung der nächtlich Feiernden zu sorgen.

Anträge im Vorfeld

Im Vorfeld der Kehrtwende der Stadt, nämlich am Dienstag-Vormittag, 19. August, stellte sowohl die CSU-FW-Stadtratsfraktion als auch die der „Linken” Anträge auf Rücknahme des Flaschenbierverkaufs-Verbotes. Beide Fraktionen forderten, das Verbot durch praktische Maßnahmen, beispielsweise zusätzliche Mülleimer und öffentliche Toiletten, aber auch durch eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Kioskbetreibern zu ersetzen.

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